Demokratie 21 – mehr direkte Demokratie wagen? 10. Harburger Gespräch der SPD Harburg

Wie tagesaktuell das Thema des 10. Harburger Gesprächs am 2. November 2011 sein würde, hatten die Veranstalter bei der Organisation des Abends sicherlich nicht geahnt.

Es ging um den Zustand unseres demokratischen Systems, die schwindende Zustimmung vieler Bürgerinnen und Bürger zur repräsentativen Demokratie und die damit im Zusammenhang stehenden zahlreicher werdenden Proteste gegen staatliche Vorhaben aller Art sowie die zunehmende Anzahl von Volks- und Bürgerentscheiden. Nur knapp 24 Stunden vor dieser Veranstaltung hatte der griechische Ministerpräsident Papandreou angekündigt, er werde die Zustimmung seines Landes zum Hilfspaket der Euro-Länder für Griechenland einem Volksentscheid unterwerfen. So war es kein Wunder, dass auch dieser unerwartete Schritt in die Diskussion der etwa hundert Gäste einfloss, das Stellwerk im Harburger Bahnhof gekommen waren.

Im Zentrum standen jedoch die grundsätzlichen Ãœberlegungen zu diesem immer brisanter werdenden Problem des politischen Systems. Garanten für eine anspruchsvolle Diskussion waren die beiden Referenten Gesine Schwan und Erhard Eppler. Eppler war Bundesminister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und leitete fast zwanzig Jahre lang die SPD-Grundwertekommission; auch heute – mit knapp 85 Jahren – gilt er noch als ein Vordenker der Sozialdemokratie. Gesine Schwan ist Politikwissenschaftlerin; sie war 1999 bis 2008 Präsidentin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde sie durch ihre Kandidaturen für das Amt der Bundespräsidentin in den Jahren 2004 und 2008 bekannt.

Für Erhard Eppler zeigt sich in der deutschen Gesellschaft in den letzten Jahren eine zunehmende Haltung des ‚Ihr da oben – wir hier unten‘, in der zum Ausdruck komme, dass sich das Volk – von dem nach unserem Demokratieverständnis ja alle Macht ausgehe – nicht mehr durch die Politiker vertreten sieht. Dies sei eine gefährliche Entwicklung, der man auch mit neuen Beteiligungsverfahren – wie etwa Volksbefragungen und Volksentscheide – entgegentreten müsse. Und wenn das Volk eine falsche Entscheidung trifft? Davor, so Epplers Entgegnung, sei auch auch eine Regierung nicht gewappnet. Deshalb könne diese Befürchtung kein Gegenargument sein.

Gesine Schwan stellte den Begriff des ‚Vertrauens‘ in das Zentrum ihres Diskussionsbeitrages. Ohne Vertrauen sei Demokratie nicht möglich. So vertraue jeder Wähler darauf, dass derjenige, dem er seine Stimme gebe, im Wesentlichen so politisch handle, wie er es vor der Wahl gesagt habe. Sollten Veränderungen erforderlich sein, so müssten diese den Wählern plausibel erklärt werden. Wenn aber Regierungshandeln alle paar Monate eine andere Richtung einschlägt und dabei ganz offensichtlich die Fahne nach dem Wind gehängt wird, gehe der Vertrauensvorschuss verloren, was eine für die Demokratie insgesamt bedrohliche Entwicklung sei.

„Ein Abend jenseits politischer Tageshektik, der gerade deshalb für alle lohnend war, die sich für den gegenwärtigen Zustand und die Weiterentwicklung unserer Demokratie interessieren“, so Sören Schumachers Fazit. „Ich finde, die SPD Harburg kann auf diese Veranstaltungsreihe wirklich stolz sein. Vielen Dank an Holger Lange, der es immer wieder schafft, diese anspruchsvollen Abende zu organisieren!“

Wie sicher sind die Arena-S-Bahnhöfe?

Nach der Love-Parade-Katastrophe: SPD fordert Prüfung der Sicherheitslage am Rande von Großveranstaltungen

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat an Polizei und Nahverkehrsunternehmen appelliert, die Sicherheitslage in und an den S-Bahnhöfen Eidelstedt und Stellingen zu prüfen, wenn Großveranstaltungen in den Arenen stattfinden. „Vor dem Hintergrund der Katastrophe am Rande der Love Parade in Duisburg gibt es nicht nur in Hamburg eine Verpflichtung, die Sicherheits- und Hilfsstrukturen am Rande von großen Veranstaltungen zu überprüfen – sachlich und in aller Ruhe“, sagte SPD-Innenexperte Andreas Dressel am Freitag.

Nach Auskunft des Senats haben sich die beiden S-Bahnhöfe auch für den Transport vieler Menschen bei Fußballspielen oder Konzerten als leistungsfähig erwiesen. Außerdem führe die Polizei lageabhängig bei Fußballspielen im HSV-Stadion Maßnahmen zur Fan-Trennung und Fan-Begleitung durch. „Dennoch kommt es zumindest am S-Bahnhof Eidelstedt hin und wieder zu kritischen Situationen“, sagte der SPD-Abgeordnete Sören Schumacher. Er hatte gemeinsam mit Dressel und der SPD-Fachsprecherin für Verkehrspolitik, Martina Koeppen, eine kleine Anfrage an den Senat eingereicht und nach der Lage auf den S-Bahnhöfen Eidelstedt und Stellingen gefragt (siehe Anlage).

Schumacher, der regelmäßig die Spiele im HSV-Stadion besucht: „Die Polizei macht insgesamt einen guten Job. Aus eigener Erfahrung weiß ich aber, dass es zumindest beim S-Bahnhof Eidelstedt durch das Gedränge immer wieder zu schwierigen oder bedrohlichen Situationen kommt – gerade für Kinder.“ Die von der Bundespolizei angegebene Zahl von maximal 2800 Menschen, die bei vollbesetzter Imtech Arena den Bahnhof Eidelstedt nutzen, erscheine ihm zu niedrig. Hier solle regelmäßig überprüft werden, ob die jetzt gemachten Zahlenangaben noch der Realität entsprechen. „Gegebenenfalls muss das gesamte Sicherheitskonzept angepasst werden“, empfahl der SPD-Innenexperte Dressel.

Die Abgeordneten wollten in ihrer Anfrage an den Senat auch wissen, ob in der Vergangenheit Menschen vor oder nach Veranstaltungen in den Arenen auf den Bahnhöfen zu Schaden gekommen sind. „Leider war dies nicht möglich, da die entsprechenden Daten nicht erfasst werden“, bedauerte Schumacher. Das sei „etwas eigenartig. Denn wie kann man behaupten, die Bahnhöfe reichten bei Großveranstaltungen aus, seien also sicher, wenn man nicht einmal weiß, ob es in der Vergangenheit zu Personenschäden gekommen ist?“

Anfrage:
19-6879 Sicherheit in und an den S-Bahnhoefen Stellingen und Eidelstedt