Keine Rede von „im Kern gesund“ – Peiner rückt von Freytag ab

Offene Worte des Ex-HSH-Aufsichtsratschefs und ehemaligen CDU-Finanzsenators vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss HSH Nordbank

Mit seinen Aussagen zur Geschäftstätigkeit der HSH Nordbank ist der frühere CDU-Finanzsenator und Ex-Aufsichtsratschef Wolfgang Peiner aus Sicht der SPD-Bürgerschaftsfraktion auf Distanz zum amtierenden Finanzsenator Michael Freytag (CDU) gegangen. „Herr Peiner hat die Lage der Bank Ende 2007 und im Krisenjahr 2008 offenbar völlig anders bewertet als Senator Freytag. Oder Freytag hat dieselbe Einschätzung gehabt, aber die Öffentlichkeit getäuscht“, sagte der SPD-Obmann im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) HSH Nordbank, Thomas Völsch.

Peiner hatte in seiner Vernehmung vor dem PUA erklärt, die HSH Nordbank habe mit Beginn der Krise ihr Geschäft bereits Ende 2007 – fast ein Jahr vor der Lehman-Pleite – massiv zurückfahren müssen. Im Oktober 2008 habe er sich als Aufsichtsratsvorsitzender ausschließlich mit Krisenmanagement beschäftigt, sagte Peiner vor dem PUA. Demgegenüber steht die Aussage des Finanzsenators Freytag, der ebenfalls im Oktober
2008 erklärt hatte, die HSH Nordbank sei „im Kern gesund“.

„Die Aussagen Peiners bestätigen unsere bisherigen Erkenntnisse und
Bewertungen: Die HSH Nordbank hat mit unvertretbar hohem Risiko gearbeitet. Sie war auf die Krise nicht vorbereitet und ist eiskalt von ihr erwischt worden“, sagte Völsch. Peiner habe von „Sturm der Stärke 13“ gesprochen, die das Dach der Bank weggerissen habe. „Und als das Dach weg war, hat der Finanzsenator der Öffentlichkeit erklärt, es sei alles in Ordnung“, so der SPD-Obmann im PUA. Die Bank hat 2008 Verluste über 2,8 Milliarden Euro eingefahren. Für 2009 befürchtet das Kreditinstitut, das durch Kapital und Garantien der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein am Leben erhalten wird, rund eine Milliarde Euro Verlust.

Völsch begrüßte die „klaren und unmissverständlichen Worte“ Peiners vor dem PUA, bedauerte aber gleichzeitig Gedächtnislücken des Zeugen und wies auf Widersprüche hin. So hatte Peiner erklärt, sich nicht zu erinnern, den Bürgermeister über die zugespitzte Lage der Bank informiert zu haben. Eine solche Information hat der Senat auf eine Kleine Anfrage der SPD allerdings eingeräumt. Keine Kenntnis habe Peiner nach eigenen Aussagen über die ursprünglich vor der Bürgerschaftswahl 2008 geplante Bilanzpressekonferenz der HSH Nordbank. Die entsprechende Information der Öffentlichkeit über die Lage der Bank war auf einen Zeitpunkt nach der Bürgerschaftswahl verschoben worden. „Der Verdacht bleibt im Raum, dass Senat und Bankführung über die katastrophale Lage der Bank nicht unmittelbar vor der Bürgerschaftswahl informieren wollten“, sagte Völsch.

Peiner scheine immer noch von einer HSH als großer, internationaler Geschäftsbank zu träumen, sagte Völsch weiter. „Ich hielte einen solchen Wunschtraum für mindestens grob fahrlässig. Wir brauchen keinen Global-Player, sondern ein Instrument die für regionale Wirtschaftspolitik.“

Die Vernehmung Peiners wird voraussichtlich Anfang Januar fortgesetzt.

PUA HSH Nordbank: SPD legt Untersuchungsauftrag vor

PUA HSH Nordbank: Fehlentwicklungen untersuchen, nötige Konsequenzen ziehen

SPD beschließt Untersuchungsauftrag für Parlamentarischen Untersuchungsausschuss – Thomas Völsch Obmann der SPD-Bürgerschaftsfraktion – PUA-Einsetzung erfolgt im Juni

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat den Untersuchungsauftrag für den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zu den Fehlentwicklungen bei der HSH Nordbank beschlossen (siehe Anlage). Der SPD-Obmann im PUA, Thomas Völsch, sowie der Fachsprecher für Haushaltspolitik und stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Tschentscher stellten am Dienstag den entsprechenden Bürgerschaftsantrag zur Einsetzung eines PUA vor. Ein entsprechender Beschluss in der Bürgerschaft ist sicher, da die SPD-Bürgerschaftsfraktion mit 45 Abgeordneten über weit mehr als das nötige Quorum von 25 Prozent der Abgeordneten verfügt. Der Beschluss in der Bürgerschaft soll im Juni erfolgen.
Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat für den PUA die Abgeordneten Thomas Völsch, Dr. Peter Tschentscher, Elke Badde, Monika Schaal, Dr. Andreas Dressel, Metin Hakverdi, Stefan Schmitt und Andrea Rugbarth benannt.

„Der PUA soll in erster Linie die Fehlentwicklungen bei der HSH Nordbank AG aufklären und die Verantwortung für diese Fehlentwicklungen untersuchen“, sagte Völsch. Zugleich wolle die SPD im PUA untersuchen, was der Senat mit Blick auf die Entwicklungen innerhalb der ehemaligen Hamburger Landesbank unternommen hat, um das Vermögen der Stadt zu schützen.

Tschentscher sagte, der PUA solle nicht nur Fehler der Vergangenheit aufarbeiten sondern auch Vorschläge unterbreiten, wie in Zukunft Vermögensschäden und unvertretbare finanzielle Risiken durch Fehlentwicklungen in Unternehmen, zu vermeiden sind, an denen die Stadt Hamburg maßgeblich beteiligt ist.

Völsch sagte, es seien im Geschäftsbetrieb der Bank offensichtlich Risiken eingegangen worden, deren Folgen den Bestand der Bank schließlich gefährdet hätten. Weiter sei zu fragen, ob und in wieweit der Anteilseigner Hamburg – einschließlich Senat, Behörden, Unternehmen oder von Hamburger Seite benannte Aufsichtsratsmitglieder – darauf geachtet hat, dass die Interessen Hamburgs gewahrt werden.

Der Untersuchungsauftrag umfasst rund 30 Fragestellungen und ist in fünf Komplexe gegliedert:

1. Ziele, Vorgaben und Methoden, mit denen die Geschäfte der HSH Nordbank betrieben wurden

2. Verantwortlichkeiten innerhalb der HSH Nordbank insbesondere für Ausbau und Betrieb des Kreditersatzgeschäfts und des internationalen Immobiliengeschäfts

3. Handeln, Einflussnahme und Wissen handelnder Personen

4. Information der Bürgerschaft und Öffentlichkeit

5. Schlussfolgerungen für die Zukunft

Völsch betonte mit Blick auf den letzten Punkt, aus Sicht der SPD-Bürgerschaftsfraktion solle sich der PUA nicht ausschließlich mit Fehleinschätzungen, Fehlern oder Versäumnissen der Vergangenheit beschäftigten. „Es geht auch darum, dass aus der Krise der HSH Nordbank die richtigen Lehren gezogen werden. Der Untersuchungsausschuss soll dem Parlament auch möglichst konkrete Vorschläge unterbreiten, um eine vergleichbar problematische Entwicklung zukünftig zu verhindern“, sagte der SPD-Obmann. Es müsse eine Systematik entwickelt werden, um weitestgehend sicherzustellen, wie in Zukunft Vermögensschäden und unvertretbare finanzielle Risiken durch Fehlentwicklungen in städtischen Unternehmen vermieden werden können. Diesbezüglich müssten die Parlamentarier auch darüber nachdenken, welche Regelungen und Instrumente erforderlich sind, um die bereits vorhandenen Kontroll- und Steuerungsmechanismen der Stadt und nicht zuletzt des Parlaments zu stärken oder zu ergänzen.

Thomas Völsch
1990 bis 1994 Rechnungshof
1994 bis 1997 Finanz- und Haushaltsreferent der SPD-Bürgerschaftsfraktion
1997 bis 2004 Geschäftsführer der SPD-Bürgerschaftsfraktion
2004 bis 2006 Rechnungshof
Seit 2006 Behörde für Schule und Berufsbildung
Seit 2008 Mitglied der Bürgerschaft; Mitglied im Haushaltsausschuss und Sprecher für öffentliche Unternehmen