Vom 13. bis zum 15.November 2009 fand in Dresden der ordentliche Parteitag der SPD statt. Nach dem desaströsen Ergebnis der Partei bei den Bundestagswahlen von September war klar, dass es auf diesem Parteitag nicht nur darum gehen konnte, einen neuen Parteivorsitzenden zu wählen. Die Delegierten von Ort und alle Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten erwarteten vor allem ein Signal des Aufbruchs, wenn nicht gar des Neuanfangs.
Entsprechend hoch waren auch die Erwartungen bei Sören Schumacher und den acht Harburger Jusos – unter ihnen die Kreisvorsitzende der Jusos, Ronja Schmager – , die sich eigens auf den Weg nach Dresden gemacht hatten, um den erhofften Aufbruch ihrer Partei mitzuerleben.
Und sie wurden nicht enttäuscht. Die Rede des designierten neuen Vorsitzenden Sigmar Gabriel begeisterte die Gäste und die Delegierten und überzeugten sie davon, dass Gabriel der Richtige ist. Er stellte einmal mehr unter Beweis, dass er ein hervorragender Redner ist, der alle Tonlagen beherrscht, und es gelang ihm, seiner in den letzten Jahren arg gebeutelten Partei neuen Mut zu geben. „Die SPD“, so Gabriel, „hat in ihrer Geschichte schlimmere Krisen durchlebt als jetzt.“ Die Partei müsse sich selbst wieder vertrauen. Er stellte den Delegierten in Aussicht, dass die SPD darum kämpfen werde, die Deutungshoheit in der deutschen Politik zurückzubekommen und dass es ohne Veränderungen nicht gehen werde: “Wer ein derartiges Wahlergebnis bekommt, der hat mehr als nur ein Kommunikationsproblem. Unsere Politik wirkt manchmal aseptisch, klinisch rein, durchgestylt, synthetisch. Auch das müssen wir ändern. Wir müssen raus ins Leben, da wo es laut ist, da wo es brodelt, da wo es manchmal riecht, gelegentlich auch stinkt. Wir müssen dahin, wo es anstrengend ist…“ Wie sehr Gabriel die Delegierten überzeugen konnte, zeigte sich nicht zuletzt an seinem Wahlergebnis: von 501 gültigen Stimmen erhielt er 472 Ja-Stimmen. Das entspricht einer Zustimmung von 94,2 Prozent.
Auch die Harburger Gäste des Parteitags waren von ihrem neuen Vorsitzenden beeindruckt. Sören Schumacher: „Ich freue mich sehr, dass es Sigmar Gabriel und dem gesamten Parteitag gelungen ist, ein Aufbruchsignal zu setzen. Besonders die Positionsbestimmung, also die Definition dessen, was heute ’sozialdemokratisch‘ heißt, erscheint mir wichtig. Und ich bin sehr zufrieden damit, dass endlich auch daran gegangen werden soll, die Parteistruktur zu reformieren.“ Außerdem sei er froh, so der Harburger Wahlkreisabgeordnete, dass es in Dresden nicht zum dem befürchteten Scherbengericht gekommen sei.
Nach der Wahl des neuen Vorsitzenden gab es am Freitagabend eine gemeinsame Veranstaltung, zu der nicht nur die Delegierten, sondern auch die Gäste geladen waren. Auch Sören Schumacher und die acht Harburger Jusos ließen sich die Gelegenheit nicht nehmen, Sozialdemokraten aus ganz Deutschland zu treffen und mit ihnen zu diskutieren.
Höhepunkt des Parteitages am Sonntag war zweifellos die Rede von Erhard Eppler. Der 82-Jährige sprach zum 50. Jahrestag der Verabschiedung des Godesberger Programms. Er wandte sich gegen die herrschende Marktradikalität. Die Finanzkrise habe gezeigt, dass „nicht die Märkte die Staaten gerettet haben, sondern die Staaten haben die Märkte retten müssen“. Die Thesen der Marktradikalen seien zwar widerlegt worden, die Ideologie lebe trotzdem weiter. Doch Eppler ist sich sicher: „Die Sehnsucht nach einer Alternative wächst.“ Da müsse die SPD ansetzen, denn viele „Menschen glauben gar nicht mehr, dass es jemanden gibt, der dieses Land gerechter machen kann“. Der ‚große alte Mann‘ der SPD, stellte den Grundgedanken seiner Partei, die Solidarität, in den Zusammenhang von 3000 Jahren europäischer Geistesgeschichte und zitierte Paulus, der es so formuliert habe: „Einer trage des anderen Last.“ Nirgendwo, so Eppler, stehe geschrieben „Einer stelle dem anderen ein Bein.“ Das Fazit des Mannes, der im Kabinett von Willy Brandt und Helmut Schmidt sowie in der Grundwertekommission der SPD mitgearbeitet hat und dessen Name selten ohne das Attribut ‚Vordenker‘ genannt wird: „Noch nie hat dieses Land in 60 Jahren die Sozialdemokratie dringender gebraucht als heute.“
Nach dem Ende des Parteitages nutzten Sören Schumacher und die mitgereisten Jusos die Gelegenheit, sich Hamburgs Partnerstadt Dresden anzusehen. „Eine wirklich schöne Stadt, deren Barockbauten und -ensembles beeindrucken“, so Sören Schumacher, „Glücklicherweise steht die Waldschlösschenbrücke – ein wirkliches Ärgernis – noch nicht, sodass wir den freien Blick über die Elbe auf diese tolle Stadt genießen konnten.“