Funktionsfähigkeit von Bürgerschaft und Bezirksversammlungen sichern – Maßvolle Sperrklauseln in der Hamburger Verfassung verankern
Die Fraktionen von SPD, CDU und GRÃœNEN haben sich auf eine Verankerung der 5-Prozent-Hürde für die Bürgerschaft und einer 3-Prozent-Hürde für die Bezirksversammlungen in der Hamburger Verfassung verständigt und einen entsprechenden Gesetzentwurf in die Bürgerschaft eingebracht, der Ende November beraten wird (siehe Anlage). Vorbild ist Berlin: Dort sind die Sperrklauseln, mit denen die Landes- und Bezirksparlamente vor Zersplitterung geschützt werden sollen, ebenfalls in der Verfassung enthalten. Im Mai hatte das Berliner Verfassungsgericht diese Verfassungsbestimmungen als verfassungsgemäß und im Einklang mit dem Grundgesetz bestätigt. Auf dieser Basis wollen die drei Fraktionen auch in Hamburg die Sperrklauseln, die allesamt auch Teil des breiten Wahlrechtskonsenses von 2009 gewesen sind, verfassungsrechtlich sauber absichern. Damit ziehen die drei Fraktionen auch die Konsequenz aus einem Urteil des Hamburger Verfassungsgerichts aus dem Januar, das die 3-Prozent-Hürde für die Bezirksversammlungen auf der Ebene des einfachen Rechts für verfassungswidrig erklärt hatte.
Kernziel der drei Fraktionen ist, die Funktions- und Handlungsfähigkeit insbesondere der Bezirksversammlungen abzusichern. Eine Zersplitterung und Funktionsstörungen in den Bezirks-versammlungen würden allen gemeinsamen Zielen der Stärkung der Bezirke und Bezirksversammlungen zuwiderlaufen, sind sich die drei Fraktionen einig. Dem vom Hamburger Verfassungsgericht aufgezeigten Weg, im Falle von zersplitterungsbedingten Störungen in den Bezirksversammlungen (zum Beispiel durch eine Vielzahl von Parteien und Einzelabgeordneten) vom Senat mit Evokationen, Weisungen und Zuständigkeitsentzug zu begegnen, erteilen die drei Fraktionen eine Absage. Die Intervention des Senats soll auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben – alles andere würde die bezirkliche Demokratie entwerten und für mehr Politikverdrossenheit bei den Bürgern sorgen, so der Tenor des neunseitigen, ausführlich begründeten Antrags der drei Fraktionen. Die Fraktionen von FDP und LINKEN seien eingeladen, sich bei diesem Vorhaben ebenfalls noch einzubringen, hieß es am Donnerstag bei der Vorstellung der Initiative.
Barbara Duden, Fachsprecherin Verfassung und Bezirke der SPD-Fraktion: „Wir wollen die Funktionsfähigkeit unserer Parlamente sichern und sie vor Zersplitterung schützen. Gerade in einer Stadt, die bundesweit Vorbild ist bei der direkten Demokratie und beim Wahlrecht brauchen wir auch handlungsfähige Parlamente. Nachdem der Verfassungsgerichtshof von Berlin einen Weg aufgezeigt hat, wie man die Sperrklauseln verfassungsrechtlich sauber regeln kann, greifen wir dieses für Hamburg auf. Wir halten uns an den Wahlrechtskonsens von 2009, sichern ihn aber nun verfassungsrechtlich ordentlich ab. Gerade die Bezirksversammlungen sind wichtige Parlamente in unserer Stadt, sie sind für eine funktionierende bezirkliche Demokratie unverzichtbar und nicht bloß eine Spielwiese für Polit-Experimente. Bezirksversammlungen sind kein Politik-Simulations-Betrieb, sondern die wichtige kommunale Basis unserer Stadt, die wir weiter stärken wollen.“
André Trepoll, verfassungspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion: „Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts bestand die Notwendigkeit, aktiv zu werden, um die drohende Funktionsunfähigkeit der Bezirksversammlungen abzuwenden. Die Wiedereinführung der Sperrklausel bedeutet eine Stärkung der Bezirke und ist quasi die Gegenleistung, die für die Ergebnisse der Verhältniswahl auf kommunaler Ebene unbedingt notwendig ist. Es freut mich, dass die SPD und die Grünen unserer Position der verfassungsrechtlichen Verankerung einer 3-Prozent-Hürde bei den Wahlen zu den Bezirksversammlungen gefolgt sind.“
Farid Müller, verfassungspolitischer Sprecher der GRÃœNEN Bürgerschaftsfraktion: „Wir wollen starke und handlungsfähige Bezirksversammlungen, die die Bürgerinteressen gegenüber der Verwaltung wahrnehmen können. Deswegen unterstützen wir die Ergänzung der Verfassung und die Beibehaltung der Drei-Prozent-Hürde. Berlin hat mit einer solchen Regelung gute Erfahrungen gemacht.“