Am Mittwoch, d. 26. März 2014, debattierte die Hamburgische Bürgerschaft einen Antrag der FDP zur Änderung des Hamburgischen Härtefallkommissionsgesetzes.
Hier meine Rede:
Herr / Frau Präsidentin – Meine Damen und Herren.
Die FDP-Fraktion möchte die Härtefallkommission neu zusammenstellen. Etwas überraschend nach 3 Jahren. Ohne jegliche Diskussion oder Meinungsäußerung in den letzten Jahren.
Sie haben der Bürgerschaft einen Gesetzesentwurf zur Neufassung der Härtefallkommission vorgelegt.
Zunächst möchte ich den Mitgliedern des Hauses und der Öffentlichkeit die Entstehung der Kommission erklären:
2005 erließ die Bürgerschaft ein Gesetz zur Einsetzung der Härtefallkommission. Um die Ausgestaltung gab es damals unterschiedliche Ansichten.
Auch die SPD vertrat eine andere Position, als die sich damals durchsetzende CDU Mehrheit.
Das war 2005! Inzwischen sind 9 Jahre vergangenen. 9 Jahre in denen die Härtefallkommission unverändert bestand und gearbeitet hat. Auch unter schwarz/grün wurde lediglich geprüft ob die Zusammensetzung geändert werden sollte. Schon damals kam es zu keiner Änderung!
Wer heute, wie die FDP, nach 9 Jahren, das gesamte Verfahren umstellen möchte braucht gute Gründe. Allein die Tatsache, dass andere Bundesländer ihre Kommissionen anderes zusammensetzen, stellt noch keinen Grund dar bestehende und bewährte Strukturen zwischen Eingabenausschuss und Härtefallkommission abzuschaffen.
Ich möchte Ihnen erläutern wie ein Verfahren heute typischerweise abläuft und was das besondere und einmalige am Härtefallverfahren ist.
Zunächst geht es immer um persönliche, individuelle Schicksale. Die betroffenen Personen können nach den heute geltenden Gesetzen keine Aufenthaltserlaubnis bekommen.
Diese Personen wenden sich mittels einer Eingabe an die Hamburgische Bürgerschaft. Das Recht eine Eingabe an die Parlamente zu richten ist neben dem Wahlrecht eines der höchsten Bürgerrechte, die unsere Verfassung Jedermann/Jederfrau garantiert. Der Eingabenausschuss nimmt sich stellvertretend für alle Mitglieder des Hauses der Eingaben an.
In 50 Sitzungen haben wir im vergangenen Jahr 788 Eingaben beraten. 248 davon waren sogenannte Ausländerangelegenheiten. Das entspricht 31,5%.
Im Jahr zuvor waren es übrigens 731 Eingaben und 177 Ausländerangelegenheiten also 24,2%.
Die Kolleginnen und Kollegen im Eingabenausschuss und damit auch Mitglieder der Härtefallkommission verfügen also über viel Erfahrung mit ausländerrechtlichen Fällen und kennen die große Bandbreite an Fallkonstellationen.
Die Möglichkeit, eine Eingabe einzureichen, ist denkbar einfach und eines der unbürokratischen Instrumente die es in unserem Staat gibt.
Eine Eingabe bedarf keiner besonderen Form. Sie kann schriftlich geschehen oder über ein Formular auf der Internetseite der Hamburgischen Bürgerschaft.
Sowohl die Zahl der Eingaben, als auch die Erfahrung im Eingabenausschuss machen deutlich, dass dieses Verfahren den Flüchtlingsinstitutionen und sonstigen Interessenvertretern, nicht zuletzt auch den Anwälten und auch den Betroffenen selbst, wohl bekannt ist.
Sollte der Eingabenausschuss feststellen, dass in der Tat keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, kann die Härtefallkommission ins Spiel kommen. Nur ein Mitglied im Eingabenausschuss reicht um den Fall in die Härtefallkommission zu bringen.
Im Gegensatz zu anderen Bundesländern gibt es deutlich geringere Zugangshürden um Fälle der Härtefallkommission vorzulegen.
Die Härtefallkommission tagt monatlich und beschäftigte sich im vergangenen Jahr mit 34 Fällen. Das betraf 60 Personen.
Aufgabe in der Härtefallkommission ist es zu entscheiden, ob dringende humanitäre oder persönliche Gründe die Anwesenheit des Ausländers in der Bundesrepublik rechtfertigen. Denn genau das sieht der §23a des Aufenthaltsgesetzes vor. Nicht weniger aber eben auch nicht mehr!
Diese Entscheidungen können nicht generalisiert werden. Es kommt eben immer auf den Einzelfall, auf das einzelne Schicksal an.
Die Entscheidungen sind gerichtlich nicht anfechtbar, deshalb zieht das Argument der FDP nach mehr Rechtssicherheit nicht.
Der Bundesgesetzgeber, der die Möglichkeit für Härtefallkommissionen eröffnet, hat eben im Blick gehabt, dass es trotz klaren gesetzlichen Vorgaben im Aufenthaltsgesetz zu Fällen kommen kann die einer Lösung bedürfen, wenn der gesetzliche Weg nicht zum Aufenthaltstitel führt.
Blicken Sie doch in das Jahr 2005 zurück!
Damals gab es keine gesetzliche Regelung für gut integrierte Jugendliche. Das ist mit §25a Aufenthaltsgesetz inzwischen Gesetzeslage.
Schauen wir nach vorne. Wir warten alle auf eine Gesetzesänderung in Bezug auf gut integrierte Ausländer unabhängig vom Lebensalter.
Gerade die Einfachheit in unserem Hamburger Verfahren ohne hohe Hürden oder irgendwelche Vorgaben, alleine auf eine persönliche Gewissensentscheidung der Kommissionsmitglieder abgestellt, ermöglicht eine Vielzahl von positiven Entscheidungen.
Dies erscheint uns sachgerecht, geht es doch gerade um die humanitäre Bewertung eines gesetzlich nicht erfassten Einzelfalles. Die jetzige Regelung macht die Mitglieder der Härtefallkommission daher freier in Ihrer unvoreingenommenen gemeinsamen Bewertung eines Falles als Härtefall.
Angesichts der beschlossenen Ersuchen lässt sich sagen, dass die derzeitige Arbeitsweise nicht zu Lasten der Betroffenen führt.
So kam es im vergangenen Jahr in 70% aller in der Kommission beratenen Fälle zu einem Härtefallersuchen – dies sieht in anderen Bundesländern anders aus.
Das Einstimmigkeitsprinzip gewährleistet dabei eine sachorientierte Entscheidung, unabhängig von politischen Mehrheiten.
Mit einer positiven Entscheidung ist übrigens noch nicht eine Aufenthaltserlaubnis verbunden. Es handelt sich lediglich um ein Ersuchen an die oberste Landesbehörde.
Erst das Ersuchen eröffnet die Möglichkeit eine Aufenthaltserlaubnis auszustellen.
In Hamburg folgt der Senat seit Jahren zu 100 % den gestellten Ersuchen! Auch das ist im Ländervergleich nicht unbedingt immer üblich.
Das belegt auch, wie sachgerecht die Entscheidungen sind und dass die jetzige Arbeit der Härtefallkommission eine besondere Akzeptanz seitens der Senate genießt.
Die Verzahnung der Härtefallkommission mit dem Eingabenausschuss der Bürgerschaft hat sich bewährt. Die in der Härtefallkommission vertretenen Mitlieder sind als Parlamentarier vom Volk durch Wahl legitimiert, wie es sonst wohl keine gesellschaftliche Gruppe ist.
Entscheidungskompetenz ist wie beschrieben vorhanden.
Damit die Ergebnisse der Härtefallkommission besser für die Bürgerschaft und Öffentlichkeit wahrnehmbar sind, bringen wir unseren Zusatzantrag ein. Somit ist eine jährliche Statistik garantiert.
Es gibt aus unserer Sicht keinen Bedarf an der bewährten Härtefallkommission zu rütteln.