Die Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen, Andreas Dressel und Anjes Tjarks, haben die Kritik der CDU an der vermeintlich zu hohen Bedarfsplanung bei den Unterbringungsplätzen für Flüchtlinge scharf zurückgewiesen.
Dazu Dressel: „Wer angesichts der weiterhin hohen Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommt, die Bedarfsplanung für Hamburg in Frage stellt, der flüchtet vor der Realität. Das ist verantwortungslos und peinlich. Peinlich vor allem deshalb, weil dieselbe Opposition, die uns im Herbst 2015 kritisiert hat, wir hätten zu langsam und zu wenig Unterkünfte geplant uns nun kritisiert, wir würden zu viele zu schnell planen. Fakt ist, dass der Senat in seinem für jeden Bürger nachlesbaren Monitoringbericht die Bedarfslage präzise hergeleitet hat, er muss nüchtern und langfristig planen, darf sich nicht durch Schwankungen irritieren lassen oder in falscher Sicherheit wiegen – weil er schlicht und einfach durch Gesetz und das Grundgesetz zur Unterbringung der Flüchtlinge verpflichtet ist.
Fakt ist weiter, dass selbstverständlich auch die Rückführungen in diesem Jahr weiter deutlich zunehmen werden, dafür haben wir schon Maßnahmen eingeleitet wie die Verdreifachung der Rückführungsabteilung, die Stärkung des Verwaltungsgerichts, den Ausbau der freiwilligen Ausreise und die Schaffung eines Ausreisegewahrsams. Doch deswegen jetzt schon einen konkreten Abschlag bei den Unterbringungsplanungen vorzusehen, wäre fahrlässig, weil auch nicht klar ist, wann das Bundesamt seinen Bearbeitungsstau reduziert hat und die Maßnahmen der Bundesregierung zu greifen beginnen. Fakt ist auch: Wir können und wir dürfen nicht allein nur dieses Jahr in den Blick nehmen. Denn unabhängig davon, wie sich 2016 sich genau entwickelt, ist es ziemlich weltfremd anzunehmen, dass der Flüchtlingszuzug 2017 oder 2018 abrupt endet. Angesichts der unsicheren Gesamtlage und der Sorgen um die Wohnungsmarktentwicklung ist gerade jetzt vorausschauendes und nicht zögerndes Agieren nötig. Insofern wäre es schlicht verantwortungslos, wenn wir jetzt nicht den dringend notwendigen Kapazitätsausbau in allen Bereichen der öffentlichen Unterbringung für Flüchtlinge auf den Weg bringen. Und dies gilt insbesondere auch für Unterkünfte in Gestalt fester Wohnungen. Auf Dauer sind die Provisorien von Zelten, Baumärkten, Containern und Lagerhallen weder für die Flüchtlinge, noch für die Anwohnerschaft vertretbar. Und das Einstreuen von Wohnungen für Flüchtlinge in unseren normalen, ohnehin weiter aufzustockenden Wohnungsneubau ist kurzfristig ebenfalls keine Alternative – weil wir jede einzelne dieser 6000 bis 8000 neuen Wohnungen jährlich dringend für die Hamburgerinnen und Hamburger und den anderen Zuzug brauchen. Wir sind verantwortlich und rechtlich verpflichtet, Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Diese Verantwortung nehmen wir wahr. Deshalb benötigen wir parallel zu unserem regulären Wohnungsbauprogramm ein echtes Plus – und zwar rasch und nicht erst in fünf Jahren. Genau dafür sorgen wir jetzt mit unserem Express-Wohnungsbau und ich freue mich, dass wir hier auch auf die Unterstützung des Hamburger Mietervereins zählen können. In der Debatte über diese Wohnunterkünfte wird leider allzu oft vergessen, dass wir überall in der Stadt auch eine Vielzahl von kleineren Unterbringungseinheiten geschaffen haben und weiter schaffen werden.“
Dazu Tjarks: „Wir haben im letzten Jahr erlebt, dass die Bundesregierung die Prognosen für die Flüchtlingszahlen vier Mal erhöht hat. Am Ende des Jahres 2015 haben dann noch viel mehr Flüchtlinge unser Land erreicht – nämlich über 1 Million anstatt der zuletzt prognostizierten 800.000 Menschen. Aktuell weigert sich die Bundesregierung eine neue Flüchtlingsprognose für dieses Jahr aufzustellen. Sie lässt die Bundesländer damit allein. Auf dieser schwierigen Basis müssen wir eine Bedarfsprognose für Flüchtlingsunterkünfte im kommenden Jahr erstellen. Weil wir seriös planen wollen, gehen wir davon aus, dass die Zahlen – nach einer vorübergehenden Abschwächung durch die winterliche Witterung – im Jahr 2016 so sein werden, wie im zweiten Halbjahr 2015. Deswegen ist es richtig, dass wir mit Zugangszahlen von etwa 3000 Personen pro Monat planen. Ansonsten wird Hamburg seiner gesetzlichen und humanitären Verpflichtung, Flüchtlinge aufzunehmen, irgendwann nicht mehr nachkommen können. Selbst wenn im Jahr 2016 etwas weniger Flüchtlinge nach Hamburg kommen als durch uns prognostiziert, ist klar: Die Flüchtlingsbewegungen werden nicht mit dem 31. Dezember 2016 enden, sondern auch 2017 werden Flüchtlinge zu uns kommen, für die wir Unterkünfte benötigen. Diese Fakten kann eine Opposition ignorieren, eine seriöse Regierung kann das nicht machen.“
Die Herleitung des Unterbringungsbedarf ist für jeden und jede nachlesbar: Herleitung des Unterbringungsbedarf