Hilfen zur Erziehung: SPD will wirksamere Unterstützung für Kinder und Jugendliche

„Die Stellungnahme der GAL-Fraktion zum angestrebten Reformprozess im Bereich der Erziehungshilfe ist eine bewusste Panikmache. Es geht einzig und allein darum, das System für die hilfebedürftigen Kinder und Eltern effizienter und besser zu machen. Gerade die GAL trägt eine Mitverantwortung für die fahrlässige Unterfinanzierung bei den Haushaltsansätzen der Hilfen zur Erziehung in den letzten Jahren. Die Haltung der GAL ist nicht nachvollziehbar, ja sogar als heuchlerisch zu bezeichnen“, so die Fachsprecherin für Familie, Kinder und Jugend der SPD-Fraktion, Melanie Leonhard.

Erst jetzt, mit dem Haushaltsentwurf der SPD für 2011/2012, gäbe es erhöhte und damit realistische Veranschlagungen. Die Ansätze für „Betriebsausgaben für einzelfallfinanzierte Hilfen nach dem SGB VIII“ sind für 2011 und 2012 jeweils um gut 60 Mio. Euro erhöht worden. Der CDU/GAL-Vorgängersenat hatte wiederholt Steuerung angekündigt und die Haushaltsansätze drastisch gesenkt, war dann aber jährlich mit hohen Nachforderungen an die Bürgerschaft herangetreten – zuletzt in Rekordhöhe von 52,5 Mio. Euro (vgl. Drs. 19/6497).

Es gehe laut Leonhard darum, die Hilfen zur Erziehung so zu leisten, dass sie bei den Familien ankommen und die Lebens- und Bildungschancen der Kinder wirklich verbessern. Zudem gelte es, vorhandene Angebote vor Ort auch zu nutzen. „Wenn zum Beispiel eine Familienhelferin für eine Einzelhilfe durch die halbe Stadt fährt, kann man fragen, ob das der richtige Ansatz ist. Und wenn, was vorgekommen ist, der Sozialraum und die Angebote vor Ort nicht wirklich vertraut sind, ist niemandem geholfen – auch das ist eine Lehre aus den bekannten schrecklichen Fällen“, so Leonhard.

Die Familienpolitikerin sprach sich zudem für eine ergebnisoffene konstruktive Diskussion hinsichtlich einer zielgenaueren Steuerung der Mittelvergabe aus. Diese müsse auf Landes- und Bundesebene geführt werden. „Wir müssen alles daran setzen, die vorhandenen Angebote im Sinne der betroffenen Familien noch besser einzusetzen, zu verzahnen und gegebenenfalls neu auszurichten.“ Die Systeme Kita und Schule spielten dabei eine wichtige Rolle. „Wer sich dieser Diskussion nicht stellen will, handelt verantwortungslos und setzt den konzeptlosen Kurs von Schwarz-Grün fort.“

Hintergrund:

Dokumente und Ausführungen des CDU- sowie vor allem des CDU/GAL-Senats zum Thema Hilfen zur Erziehung (HzE):

11.09.2007 (Drs. 18/6980): „Ziel ist es, durch geeignete Maßnahmen im Vorfeld, Erziehungshilfen zu vermeiden.“

Und gleichlautend ein Jahr später:

19.08.2008 (Drs. 19/918): „Ziel ist es, durch geeignete Maßnahmen im Vorfeld, Erziehungshilfen zu vermeiden.“

19.08.2008 PM von Ex-Senator Wersich (CDU) zur o.g. Drs. 19/918: „[.] dass wir offenbar noch Nachholbedarf haben, bevor unsere neuen frühen und präventiven Angebote – zum Beispiel die Eltern-Kind-Zentren – sinkende Fallzahlen bewirken. Zudem müssen wir die Hilfeplanung, -gewährung und -dauer im Auge behalten, um Familien passgenau zu helfen. Ãœberteuerte oder unwirksame Hilfen müssen vermieden werden, um einem weiteren Anwachsen der Kosten entgegenzuwirken.“

25.08.2009 PM von Ex-Senator Wersich (CDU): „Diese Handlungsansätze werden derzeit umgesetzt, haben sich jedoch insgesamt noch nicht auf die Fallzahlen und Fallkosten ausgewirkt. Dies ist insbesondere auf unvermeidliche Vorlaufzeiten zurückzuführen [.]. Die Maßnahmen zur Begrenzung der Ausgaben werden daher im Jahr 2009 noch nicht den erwarteten haushaltsrelevanten Effekt haben.“

16.06.2010 – in der Nachforderungsdrucksache 19/6497 heißt es: „Zur Konsolidierung im Bereich der Hilfen zur Erziehung werden Steuerungsmaßnahmen umgesetzt, die auf eine Begrenzung des Fallzahlvolumens und der Ausgaben ausgerichtet sind. Vorrangig dabei ist der Ausbau der sozialräumlichen Angebotsentwicklung (SAE). Durch deren zusätzliche Angebote werden Alternativen zu kostenintensiven Einzelfallhilfen geschaffen, die das Budget der Hilfen zur Erziehung entlasten sollen. Diese und weitere Steuerungsmaßnahmen befinden sich derzeit im Aufbau und werden deshalb im Jahr 2010 lediglich einen Teil ihrer letztendlich intendierten Wirkungen erzielen können. Auf Grund des aktuellen (hohen) Fallzahlniveaus ergibt sich für 2010 trotz insoweit erwarteter erster Steuerungseffekte beim Titel 4460.671.86 gegenüber dem Ansatz 2010 ein Mehrbedarf von ca. 52,5 Mio. Euro.“

Proteste aus der GAL zu diesen gemeinsamen Senatsmitteilungen aus der 19. LP sind nicht bekannt.

Und aktuell: Fachsprecher Familie Kinder Jugend der CDU-Fraktion, Christoph de Vries, im Vortext seiner Kleinen Anfrage (Drs. 20/1047) zu den HzE: „Diesen anhaltenden Ausgabenanstieg zu begrenzen und die Ausgaben möglichst zu reduzieren, ist daher dringend erforderlich.“