Mehr Hamburger Kinder sollen Schwimmen lernen

SPD-Konzept: Unterricht ausweiten, Lehrschwimmbecken erhalten

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion will, dass mehr Hamburger Kinder in der Schule schwimmen lernen. SPD-Schulexperte Ties Rabe warb am Mittwoch in der Bürgerschaft um Zustimmung zu einem entsprechenden Zehn-Punkte-Programm der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Mit ihm wollen die Sozialdemokraten sicherstellen, dass bis zum Start des Schuljahres 2010 alle Hamburger Schulkinder am Ende der 6. Klasse das bronzene Schwimmabzeichen gemacht haben. Bis zum Schuljahr 2010 sollen ferner rund 90 Prozent der Hamburger Grundschulkinder am Ende der vierten Klasse schwimmen können. Zumindest sollen alle Grundschulkinder das „Seepferdchen“ erreicht haben. Rabe verwies in diesem Zusammenhang, dass das „Seepferdchen“-Abzeichen lediglich eine Motivation ist, schwimmen zu lernen. „Wer das Seepferdchen gemacht hat, kann sich ein paar Minuten über Wasser halten – aber noch längst nicht schwimmen“, sagte Rabe. Um den Schwimmunterricht in Hamburg auszuweiten, sollen unter anderem auch Lehrschwimmbecken erhalten werden.

Rabe verwies auf Zahlen der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft. Danach seien im vergangenen Jahr 15 Menschen bei Badeunfällen in Hamburg ums Leben gekommen. 2006 seien es 17 gewesen, 2005 neun. Rabe warf dem Senat ein mangelndes Problembewusstsein vor. Zahlen des Senats bestätigten die Kritik der SPD, betonte der Abgeordnete. Die Schulbehörde hatte im Oktober 2007 eine Auswertung des 2006 von ihr durchgesetzten Schulschwimm-Konzepts vorgelegt. Demnach können 31 Prozent der Kinder am Ende der vierten Klasse und 16 Prozent am Ende der sechsten Klasse noch nicht schwimmen. „Die Behörde hat den Schwimmunterricht in der Grundschule sowie in der 6. Klasse um ein Viertel reduziert“, kritisierte Rabe. Während früher Schwimmen mit einer wöchentlichen Wasserzeit von 30 Minuten über ein ganzes Schuljahr unterrichtet, so erstreckt sich der Schwimmunterricht nach dem neuen Konzept jeweils über ein Schulhalbjahr in 18 Wasserzeiten zu jeweils 45 Minuten. Es bleibe den Kindern weniger Zeit um das Schwimmen zu erlernen, sagte Rabe.

Auch bleibe der Senat hinter den Zielzahlen zurück, die er mit der Neukonzeption des Schulschwimmens verbunden hatte: In den Grundschulen sollten 95 Prozent dass Seepferdchen und 75 Prozent das Jugendschwimmabzeichen in Bronze erlangen. Tatsächlich haben aber nur 82,9 Prozent das Seepferdchen und 69 Prozent das Bronzeabzeichen erreicht. Am Ende der sechsten Klasse sollten 95 Prozent der Schulkinder das bronzene Leistungsabzeichen erlangen, geschafft haben es jedoch nur 84 Prozent.

Rabe verwies darauf, dass vor allem Kinder in ärmeren Stadtteilen in der Schule nicht das Schwimmen lernten. „Die beim Schulschwimmen erfolgreichen Schulen liegen meist in den besseren Stadtteilen liegen. Die weniger erfolgreichen meist in den ärmeren Stadtteilen. Auch hier lässt sich die soziale Spaltung der Stadt nicht leugnen“, betonte der SPD-Schulpolitiker. Zahlen aus einzelnen Stadtteilen zeigten das ganze Ausmaß falscher Weichenstellungen. So können in Wilhelmburg rund 70 Prozent der Kinder nach Klasse vier noch nicht schwimmen. Umgekehrt erreichten in Volksdorf und Sasel rund 80 Prozent der Schülerinnen und Schüler das Jugendschwimmabzeichen in Bronze.

In ihrer Schwimm-Offensive schlägt die SPD-Bürgerschaftsfraktion unter anderem vor, den Schwimmunterricht wieder über ein ganzes Schuljahr zu strecken. Schülerinnen und Schüler könnten so mehr Lehreinheiten absolvieren können. Ferner solle der Schwimmunterricht insbesondere an Schulen intensiviert werden, in denen die angestrebten Ziele beim Schulschwimmen weitestgehend verfehlt werden. Ferner sei es wünschenswert, Schwimmprojekte wie etwa „Schwimmen lernen in den Schulferien“ mehr als bisher zu fördern.

In ihrem Bürgerschaftsantrag stellt die SPD-Bürgerschaftsfraktion eine „Hamburger Schulschwimm-Offensive“ mit folgenden Punkten vor.

1. Es soll sicher gestellt werden, dass bis zum Beginn des Schuljahres 2010 in jedem Stadtteil alle Hamburger Schulkinder am Ende der 6. Klasse schwimmen können, d. h. das bronzene Schwimmabzeichen erworben haben (Ausnahme: Kinder mit gesundheitlichen Einschränkungen).
2. Weiter soll gewährleistet sein, dass bis zum Schuljahr 2010 in jedem Stadtteil 90 Prozent der Hamburger Grundschulkinder am Ende der 4. Klasse schwimmen können, d.h. das bronzene Schwimmabzeichen erworben haben, mindestens jedoch alle Grundschulkinder das „Seepferdchen“ erreicht haben (Ausnahme: Kinder mit gesundheitlichen Einschränkungen).
3. Mehr Schülerinnen und Schüler sollen das goldene Schwimmabzeichen erhalten.
4. Zusammen mit der DLRG ist ein Konzept zu entwickeln, mit dem Ziel, dass mehr Kinder das Rettungsschwimmer-Abzeichen machen.
5. Ferner soll ein Konzept erstellt werden, wie der Schwimmunterricht so gestaltet werden kann,
a. dass mehr Schülerinnen und Schüler das Schwimmen erlernen sowie
b. dass insbesondere Schülerinnen und Schüler in Kess 1 und Kess 2-Schulen gefördert werden, das Schwimmen zu erlernen.
6. Durch eine Bestandsaufnahme bis Ende 2008 soll festgestellt werden, welche Schwimmfähigkeiten Hamburger Schülerinnen und Schüler haben. Dabei soll auch Klarheit darüber entstehen,
a. wie viele Hamburger Schülerinnen und Schüler in den jeweiligen Jahrgängen welche Schwimmabzeichen und welche Schwimmfähigkeiten haben und
b. wie es um die Kapazitäten der Hamburger Schwimmbäder bestellt ist – und ob die Voraussetzungen erfüllt sind, die o. g. Ziele erreichen zu können.
7. Die Begleitung der Grundschulkinder zu den Schwimmbädern ist zu optimieren und
8. für eine ausreichende Betreuung in den Umkleidekabinen ist zu sorgen.
9. Die Hamburger Lehrschwimmbecken sollen erhalten werden.
10. Der Bürgerschaft soll bis Ende 2008 über die Erfahrungen der Neuordnung des Schulschwimmens berichtet werden. Ferner soll eine Folgeabschätzung der Auslagerung des Schulschwimmens zur Bäderland GmbH vorgelegt werden.