Rede von Sören Schumacher in der Hamburgischen Bürgerschaft am 12. Februar 2020 zum Thema: Vermummungsverbot
Hier der Redetext – es gilt das gesprochene Wort:
Herr / Frau Präsidentin – Meine Damen und Herren.
Das Pferd wurde bekanntermaßen erst von den europäischen Eroberern nach Nordamerika gebracht. Sehr schnell war es aus der Kultur vieler indigener Völker nicht mehr wegzudenken und Bezüge auf dieses nützliche Tier fand sich bald in vielen Sprüchen und Weisheiten. Eine der bekanntesten – sie wird den Dakota zugeschrieben – lautet: Wenn du merkst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab!
Diese jahrhundertealte, indianische Weisheit hat es ganz offensichtlich noch nicht bis zur CDU-Fraktion geschafft.
Lassen Sie mich kurz erläutern, warum dieses Pferd mausetot ist:
1. Die im Antrag dargelegte Forderung nach einer Lockerung des Vermummungsverbots wird nicht mehr erhoben.
2. Wir Sozialdemokraten haben sie niemals erhoben und haben auch nicht vor, dies zu tun. Und zwar aus folgenden Gründen:
Wir sehen keine rechtliche Notwendigkeit für eine Gesetzesänderung. Regelungen zum gesetzlichen Vermummungsverbot finden sich im Gesetz über Versammlungen und Aufzüge. Wer gegen das Vermummungsverbot verstößt, indem er an Versammlungen und Aufzüge oder auf dem Weg dahin in einer Aufmachung teilnimmt, die Feststellung der Identität verhindert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Das ist gut und soll nach unserer Überzeugung so bleiben. Dafür spricht insbesondere der Gesetzeszweck in §17a Abs. 2 Nr. 1 VersG:
Das Vermummungsverbot soll primär die durch Anonymität und Schutz bedingte Enthemmung gewaltbereiter Versammlungsteilnehmer unterbinden und sekundär die Strafverfolgung von Gewalttätern erleichtern. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers und nach allen Erfahrungen der Praxis führt die Vermummung zu einem eher unfriedlichen Verhalten der Teilnehmer an einer öffentlichen Veranstaltung.
Gerade dieser Unterbindungszweck ist bei einem strafbewehrten Vermummungsverbot effektiver zu erfüllen, da eine Strafvorschrift eine stärkere Abschreckungswirkung hat als ein bloßer Ordnungswidrigkeitentatbestand. Eine Lockerung des Vermummungsverbots ist auch aus praktischer Sicht nicht erforderlich.
Sie würde nicht zu einer Erleichterung der Polizeipraxis in dem Sinne führen, dass „mehr Alternativen“ zur Verfügung ständen. Denn die zuständige Behörde kann schon jetzt Ausnahmen vom Verbot zulassen, wenn sie die öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dadurch nicht bedroht sieht. Sie hat also bereits Handlungsspielraum in Bezug auf das Einschreiten gegen vermummte Demonstrationsteilnehmer.
Im Übrigen würde die Statuierung einer Ordnungswidrigkeit die Polizei vor Verhältnismäßigkeitsprobleme stellen, da versammlungsbeschränkende Maßnahmen mit Blick auf Art. 8 GG schwerer zu begründen wären.
Zu ihrem Petitum:
Dass die in der Hamburgischen Bürgerschaft vertretenen demokratischen Parteien Ausschreitungen bei Demonstrationen verurteilen, bedarf meiner Überzeugung nach keiner zusätzlichen Bekräftigung und was die Strafbarkeit des Vermummungsverbots betrifft, verweise ich auf meine bisherigen Ausführungen und die Dakota.