Seit seiner Gründung im Jahre 1947 lädt der Wirtschaftsverein für den Hamburger Süden alljährlich gegen Ende des Jahres zu seinem Herrenabend ein. Wenngleich der Name beibehalten wurde, nehmen heute selbstverständlich auch Frauen an der Veranstaltung teil. Zum diesjährigen Herrenabend am Freitag, dem 23. November, waren gut 400 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur ins Privathotel Lindtner gekommen, darunter die als bekennende Harburgerin bekannte Sozialsenatorin Melanie Leonhard und der Harburger Bürgerschaftsabgeordnete und Innenpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion Sören Schumacher.
Als prominenter Gastredner war Cem Özdemir geladen, bis Januar dieses Jahres Bundesvorsitzender der Grünen. Özdemir ist bekannt für seine launigen Reden und er enttäuschte die Anwesenden nicht. Allerdings ging es nicht nur vergnüglich zu. Sehr deutlich brachte der Bundestagsabgeordnete sein Plädoyer für eine ökologische Wirtschaft, gegen rechtsradikale Kräfte in den Parlamenten und für Europa zum Ausdruck und konnte sich damit der Zustimmung der Gäste sicher sein. Auf weniger Zustimmung stieß dagegen, jedenfalls bei der Sozialdemokraten im Saal, seine Kritik an der Rente mit 63. Die bestausgebildete Generation, die Deutschland je hatte, vorzeitig in den Ruhestand zu schicken, habe weder etwas mit Gerechtigkeit noch mit Nachhaltigkeit zu tun, so Özdemir. „Diese Aussage hat mich befremdet“, sagt dazu Sören Schumacher. „Die Möglichkeit, mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente zu gehen, setzt voraus, dass 45 Jahre lang Beiträge in die Rentenversicherung bezahlt wurden. Es lässt sich leicht errechnen, dass das nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreichen können, die keine lange Ausbildung durchlaufen und schon gar nicht studiert haben. Es sind zumeist Menschen, die schwere körperliche Arbeit leisten. Viele von ihnen schaffen es aufgrund dessen nicht einmal, bis zu Vollendung des 63. Lebensjahres vollzeitbeschäftigt zu bleiben.“ Im übrigen verschiebe sich das Renteneintrittsalter auch für diese Gruppe mit jedem Jahr um 2 Monate. „Am 1. Januar 2019 beginnt das erste Jahr, in dem ihr es näher am 64. als am 63. Geburtstag liegt.“, so Schumacher. „Ich frage mich, in welcher Welt Cem Özdemir lebt.“
Uneingeschränkte Zustimmung für seine Rede erhielt der Vorstandsvorsitzende des Wirtschaftsvereins Arnold G. Mergell. Eindringlich trat er für Demokratie, gegen jede Form radikalisierter und populistischer Politik und für ein starkes Europa ein. „Das war eine wirklich beeindruckende Rede und überdies ein schöner Abend mit vielen neuen Kontakten und guten Gesprächen. Herzlichen Dank dafür an Herrn Mergell und den gesamten Wirtschaftsverein“, so Sören Schumacher.