Vier Sitzungstage, rund vierzig Tagesordnungspunkte – über Leerlauf und Langeweile mussten sich die mehr als 300 Delegierten des Kongresses im Europarat wahrhaftig nicht beklagen, die vom 1. bis zum 4. April in Straßburg zu dessen 36. Sitzung in Straßburg zusammentrafen. Die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und sonstigen regionalen Mandatsträger vertreten 200.000 Gebietskörperschaften aus den 47 Staaten des Europarates und damit etwa 820 Millionen Menschen.
Die Sitzung stand unter dem Jahresthema „Bürgermeisterinnen und Bürgermeister – Garanten der Demokratie”. Außer einer Sonderdebatte zu diesem Thema standen unter anderem Diskussionen zu den Themen ‚Bekämpfung von Vetternwirtschaft in lokalen und regionalen Behörden‘, ‚Schutz von Hinweisgebern (Whistleblowers)‘, ‚BürgermeisterInnen unter Druck‘, das Stadt-Land-Gefälle sowie ‚Transparenz und Teilhabe durch ‚Open Government‘ auf Ebene der Regionen‘ auf der Tagesordnung.
Zu den wichtigsten Aufgaben des Kongresses als eines Gremiums, das für Demokratie auf regionaler sowie lokaler Ebene und für die Rechte von Gemeinden eintritt, gehören Wahlbeobachtungen. Über deren Ergebnisse wird das Plenum regelmäßig unterrichtet, das daraufhin gegebenenfalls auf die für die Wahlen Verantwortlichen Einfluss zu nehmen versucht. So haben beispielsweise 22 Beobachterinnen und Beobachter aus 20 Staaten des Europarats in zehn Teams am 31. März rund 140 Wahllokale in verschiedenen Regionen der Türkei besucht, um die dortigen Kommunalwahlen zu verfolgen.
„Der Kongress war die einzige internationale Organisation, die die Kommunalwahlen in der Türkei beobachtet hat“, betont der Bürgerschaftsabgeordnete Sören Schumacher, der Hamburg seit vier Jahren im Kongress vertritt. Auch hierin zeige sich die wichtige Rolle, die dem Gremium zukäme. Demokratie, so Schumacher, beginne vor Ort. „Wenn Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in den Gemeinden und Regionen nicht gewahrt sind, können sie auch auf staatlicher oder gar überstaatlicher Ebene nicht sicher verankert sein. In Zeiten, in denen der demokratische, liberale Rechtsstaat weltweit von seinen Gegnern attackiert wird, kann dieser Zusammenhang gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.“
Ungeachtet dessen hat der Kongress derzeit mit finanziellen Problemen, wenn nicht gar mit einer finanziellen Krise zu kämpfen. Seit Frühjahr 2014 herrschen infolge der Ukraine-Krise Spannungen zwischen dem Europarat und dem Mitgliedsland Russland. Sören Schumacher: „Russland hat daraufhin seine Beitrittszahlungen an den Europarat eingestellt. Da dies nahezu zehn Prozent des Gesamthaushalts des Rates sind, kann der finanzielle Engpass nicht verwundern. Wir alle hoffen sehr, dass hier zügig eine Lösung gefunden wird.“