Der Kongress des Europarats tagte wieder vor Ort in Straßburg – und digital

Deutsche Delegation im Kongress des Europarates

Endlich war es wieder so weit: Der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas, eine Institution des Europarats, tagte vom 26. bis 28. Oktober 2021 in Straßburg – parallel aber auch online. Dies war das erste physische Treffen der Delegierten seit Beginn der Corona-Pandemie. Die Sitzungen fanden in Straßburg statt, aber viele Delegierte nutzten auch die Möglichkeit, digital teilzunehmen. So war der Tagungssaal zwar leerer als sonst, aber die Zahl der Teilnehmenden war dennoch beeindruckend hoch.

Seit 2015 bin ich Delegierter im Kongress des Europarats, diese Sitzung hatte aber auch für mich neue Herausforderungen. Denn es war die erste Sitzung vor Ort in Straßburg, an der ich als Leiter der deutschen Delegation teilnahm.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gemeinden und Regionen bestimmten die Debatten auf unterschiedliche Weise. Dabei haben wir diskutiert, wie die Städte und Regionen Europas sich von der Corona-Krise erholen können und welche Rolle die Städte, Gemeinden und Regionen dabei spielen können bzw. müssen. Sie sind die zentralen Akteure vor Ort und müssen Antworten auf die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen finden. Die Regionen und Gemeinden Europas unterscheiden sich aber teilweise stark. Die Strategien, die die Regierungen entwickeln, um die Folgen der Pandemie zu adressieren, müssen daher auch verschieden sein. Die Städte, Gemeinden und Regionen müssen aber nicht nur innovative Strategien für die Zeit nach der Corona-Pandemie entwickeln; vielmehr müssen die Digitalisierung vorangetrieben werden, der Verfall der Demokratie aufgehalten werden und gleichzeitig müssen die Lebensorte smarter, grüner und inklusiver werden.

Europapalast in Straßburg

Während der Pandemie hat der Kongress immer die lokalen und regionalen Akteure beraten und unterstützt. Dazu gehört auch das regelmäßige Monitoring zur Umsetzung der Charta der kommunalen Selbstverwaltung, die das Recht der kommunalen Gebietskörperschaften auf Autonomie und Subsidiarität, aber auch ein eigenes Budget festschreibt. Der Kongress verabschiedete in seiner 41. Sitzung auch mehrere Berichte zur Umsetzung der Charta der kommunalen Selbstverwaltung in Albanien, den Niederlanden, Nordmazedonien, Spanien und Zypern. In mehreren Berichten wurde Handlungsbedarf aufgezeigt, vor allem hinsichtlich unklarer Zuständigkeiten und ungenügender Finanzierung. Kongresspräsident Leendert Verbeek betonte, wie wichtig der Europäische Charta der lokalen Selbstverwaltung ist, ein internationaler Vertrag, der weltweit einzigartig ist. Die Charta zeigt die Bedeutung des Europarats auf und welche Wichtigkeit der lokalen Selbstverwaltung beizumessen ist. Dies steht in einem großen Widerspruch zu dem Budget, das der Kongress für die Ausführung seiner Arbeit erhält.

Hassrede und Fake News stand wieder auf der Agenda, dieses Mal unter dem Thema „Arbeitsbedinungen von gewählten Vertreterinnen und Vertretern in Zeiten von Hatespeech und Fake News im Internet“. In ganz Europa sind Politikerinnen und Politiker Hassrede ausgesetzt, vor allem im Internet und in den sozialen Medien. Wir diskutierten, welche Maßnahmen wir ergreifen können. Das Blockieren von Seiten oder das Filtern von Inhalten reiche nicht aus, um Fake News und Hassrede einzuschränken, dennoch haben sie einen erheblichen Einfluss auf die Arbeit von LokalpolitikerInnen, vor allem während des Wahlkampfs oder bei Volksentscheiden. Auch die Auswirkungen von künstlicher Intelligenz und die Anonymität im Netz wurden diskutiert.

Der Kongress beteiligt sich an einem Kooperationsprojekt mit mehreren Universitäten, um die schädlichen Effekte von Hassrede und Fake News zu analysieren, wie sie die politischen Debatten vor Ort beeinflussen, aber auch wie man Hassrede und Fake News identifzieren kann und sich rechtlich und technisch dagegen wehren kann. Die Mitglieder des Kongresses werden an einer Befragung teilnehmen, um ihre Erfahrungen zu schildern. Dies wird die erste wissenschaftliche Grundlage bilden, um Fake News und Hassrede im Internet bekämpfen zu können.

Sören Schumacher im Kongress des Europarates

Außerdem hat der Kongress eine Initiative zur Verjüngung der Politik angestoßen. Die Mitglieder des Kongresses begutachteten Projekte, die in den vergangenen zwei Jahren von den 38 Jugenddelegierten als Teil der Initiative „Politik verjüngen“ zu interkulturellem Austausch, psychischer Gesundheit und dem Kampf gegen Fake News umgesetzt worden waren. Die Projekte, die 2021 umgesetzt werden, wollen den Austausch zwischen jungen ArbeitnehmerInnen und den lokalen Behörden fördern.

Auch standen Debatten zu Wohnungsbuchungsplatformen, zu interregionaler und grenzüberschreitender Kooperation, die Herausforderungen durch Einwanderung und zulebenslangem Lernen für lebenslange Beschäftigung auf der Tagesordnung.

Rede: Presentation of youth delegates’ grass-roots projects in COE Congress

https://www.youtube.com/watch?v=2FxcWF5yEdI

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