Freytags Erzählungen: Bilanzierung ohne Konsequenz

Tschentscher: In der aktuellen Haushaltskrise reicht allein der Blick in die Vergangenheit nicht aus

„Wenn Haushaltskonsolidierung das Gebot der Stunde ist, reicht es nicht, sich auf die Bilanzierung der Vergangenheit zu konzentrieren.“ – Mit diesen Worten hat SPD-Finanzexperte Dr. Peter Tschentscher auf die Vorstellung der Konzernbilanz für das Jahr 2007durch den Finanzsenator reagiert.

„Für die Verbesserung des ausgewiesenen Eigenkapitals sind überwiegend die öffentlichen Unternehmen und nicht die von Herrn Freytag zu verantwortende Finanzpolitik verantwortlich“, sagte Tschentscher. „Die Belastung der städtischen Unternehmen durch das Verschieben von Aufgaben aus dem Haushalt im großen Stil wird sich erst in der im Jahre 2010 vorgelegten Bilanz für 2009 niederschlagen.“

Senator Freytag habe erklärt, die Konzernbilanz solle „die politischen Entscheidungsträger in die Lage versetzen, die finanziellen Auswirkungen ihres Tuns abschätzen zu können“. Das genau scheine beim Finanzsenator selbst aber nicht zu klappen. „Trotz Steuereinnahmen auf Rekordniveau lässt er die Ausgaben derart galoppieren zulassen, dass das Haushaltsdefizit 2009 auf über eine Milliarde Euro steigt“, sagte der SPD-Finanzexperte.

Die Bilanz mache die Vergangenheit lediglich ein wenig transparenter. Die Planungen des Senats und der wahre Zustands der Hamburger Staatsfinanzen werde weiterhin vernebelt und verschleiert. Tschentscher verwies ferner darauf, dass bei der Vorstellung der letzten Bilanz noch eine Ergebnisvorschau auf das laufende Jahr vorgenommen wurde. „Es ist interessant, warum der Finanzsenator sich die Vorschau auf die Jahre 2008 und 2009 erspart“, erklärte Tschentscher. Er verwies in diesem Zusammenhang auf das deutlich steigende Defizit im Haushalt von 244 Millionen Euro auf voraussichtlich über eine Milliarde Euro.

Bei aller Freude über die erste Konzernbilanz sei es schon erstaunlich, sagte Tschentscher, „dass auf 156 Seiten nun volle Klarheit geschaffen sein soll, was auf rund 4.000 Seiten des Haushalts nicht gelungen ist.

Tschentscher kündigte an, die Zahlen der Konzernbilanz näher zu hinterfragen. So stiegen 2007 die Verbindlichkeiten der Kernverwaltung (Haushalt) um knapp 600 Millionen Euro, obwohl Finanzsenator Freytag Anfang 2007 die Nullverschuldung verkündete. Auch seien bei den sonstigen Einnahmen Steigerungen von 532 Prozent zu hinterfragen.

Freytags Sicht und das wahre Leben

SPD-Finanzfachmann Peter Tschentscher hat vor Beginn der Haushaltsberatungen Kritik an der Politik von Finanzsenator Michael Freytag geübt. „Trotz sprudelnder Steuereinnahmen auf Rekordniveau gibt es im Haushalt ein strukturelles Defizit in Höhe von 1,45 Milliarden Euro. Trotz Einnahmen in Höhe von 20 Milliarden bekommt der Finanzsenator seinen Haushalt nicht in den Griff“, sagte Tschentscher am Sonntag. Er warf dem Senator vor, die Öffentlichkeit über die tatsächliche Lage des Haushalts zu täuschen. „Die von Senator Freytag wiederholt angeführte Nullverschuldung ist ein Ablenkungsmanöver. Denn Freytag deckt sein Defizit dadurch, dass er Rücklagen plündert, Grund und Boden verkauft und Hamburger Vermögen verscherbelt.“

Das vom Rechnungshof im März beanstandete Defizit für den Zeitraum 2008 – 2011 in Höhe von 1,6 Milliarden Euro werde sogar auf 2,0 Milliarden erhöht. Ursache ist die Steigerung der bereinigten Betriebsausgaben um 1,14 Milliarden Euro. „Die Finanzpolitik des Senats ist eine Politik der Anti-Konsolidierung“, sagte Tschentscher.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzkrise werde die Realisierung wesentlicher Projekte des Senats immer unklarer. So seien die Milliardeninvestitionen für Schulen, Hochschulen, Hafen und Stadtbahn in Haushalt und Finanzplanung nicht gedeckt.

An der Grundproblematik ändere auch die jüngste Steuerschätzung nichts. „237 Millionen Euro weniger Steuern als erwartet bedeutet 2009 ein Defizit im Haushalt von über einer Milliarde Euro. Als Senator Freytag in die Finanzbehörde einzog, betrug das Defizit noch etwa 200 Millionen Euro“, sagte Tschentscher. Was angesichts der aktuellen Entwicklung aus den im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Projekten werde, sei völlig unklar. Klarheit werde spätestens die Mai-Steuerschätzung des kommenden Jahres bringen.

Finanzsenator Freytag sei in eine „tiefe Glaubwürdigkeitskrise“ gerutscht. „Wenn er das Defizit auf 1 Milliarde Euro steigert und immer noch von einem aus eigener Kraft ausgeglichenen Haushalt redet; wenn er neue Schulden in guten Zeiten nur durch das Plündern sämtlicher Rücklagen vermeidet und wenn seine gesamte Amtszeit durch immer höhere Ausgaben gekennzeichnet ist, fällt es schwer, seinen aktuellen Äußerungen zur Haushaltspolitik zu glauben“, sagte Tschentscher.

Bürgermeister von Beust müsse sich – seinen eigenen Worten entsprechend – jetzt auch zu einer möglichen Neuverschuldung Hamburgs äußern. Beust hatte eine entsprechende Frage des „Hamburger Abendblatts“ mit dem Hinweis auf die November-Steuerschätzung unbeantwortet gelassen. „Die Steuerschätzung liegt auf dem Tisch – auf eine Antwort des Bürgermeisters warten wir noch“, sagte der SPD-Finanzexperte. Der Bürgermeister habe den Verzicht auf Neuverschuldung zur Voraussetzung für eine Koalition mit der GAL gemacht. „Ich habe allerdings den Eindruck, dass der Bürgermeister das Hintertürchen zur Neuverschuldung immer weiter aufmacht.“

Mit Blick auf die Krise der HSH Nordbank verstärkte die SPD-Bürgerschaftsfraktion ihre Forderung nach möglichst schneller und lückenloser Darstellung der Geschäfts- und Finanzsituation. „Dass die Bank in Schieflage und in schlechtes Licht geraten ist, ist auch in der Verantwortung von Finanzsenator Freytag“, sagte Tschentscher. „Vor fünf Wochen hat er Geschäftsmodell und Führung der HSH Nordbank in höchsten Tönen gelobt. Heute kann er sich nicht schnell genug von den ehemals Verantwortlichen distanzieren. Dabei hat Freytag die Lage der Bank seit Aufkommen kritischer Fragen vor gut einem Jahr schöngeredet.“ Es sei jetzt notwendig, dass die Fakten auf den Tisch kämen. „Spekulationen, angedeutete Drohungen und vage Andeutungen, wer wann was gewusst haben könnte, helfen niemandem – am wenigsten der HSH Nordbank und ihren Beschäftigten. Sie können auch niemanden ernsthaft beeindrucken“, sagte Tschentscher.

Es sei die „ständige Verharmlosung einer ernsten Lage“, mit der sich Freytag angreifbar gemacht habe. „Erst hieß es, bei der HSH Nordbank sei alles in Ordnung. Dann hieß es, es fehle lediglich Eigenkapital. Erst hieß es, die Bank sei ohne eigene Verantwortung in den Sog der Finanzkrise geraten. Dann gesteht man ein, man habe bei der Entscheidung, in riskante Wertpapiere zu investieren, „Fehler gemacht“. Monatelang hieß es, die Bank habe sich auf den Schwerpunkt Schiffsfinanzierung konzentriert und stütze sich mit dieser Sparte auf ein erfolgreiches und stabiles Geschäftsmodell. Jetzt wird gerade diese Sparte zum Problem erklärt. Das klingt alles nicht überzeugend“, sagte Tschentscher.

Finanzsenator Freytag im Interview mit der WELT, 6. Oktober 2008:

http://www.welt.de/hamburg/article2538567/Hamburg-ist-dank-oeffentlicher-Unternehmen-stark.html

WELT ONLINE: Hamburg ist mit 30,41 Prozent an der HSH Nordbank beteiligt. Drohen weitere Abschreibungen?

Freytag: Die HSH Nordbank ist im Kern gesund. Sie ist beispielsweise Weltmarktführer bei der Schiffsfinanzierung. Zudem hat die Bank auf die Krise reagiert und ihr Geschäft reduziert, um die Eigenkapitalquote zu erhöhen.

WELT ONLINE: Trotzdem kann es passieren, dass die Bank für dieses Jahr keine Dividende zahlt.

Freytag: Das kann passieren. Aber Hamburgs Haushalt wäre dadurch nicht direkt betroffen. Unsere Anteile an der Bank werden durch die Hamburgische Gesellschaft für Vermögensverwaltung HGV und den Hamburger Versorgungsfond gehalten. Die Dividende würde also nicht direkt in den Haushalt fließen.

2009: Rund 1.000.000.000 Euro Defizit

SPD drängt auf offene Darstellung der Krise um die HSH Nordbank

Der SPD-Finanzexperte Peter Tschentscher hat das Ergebnis der November-Steuerschätzung als „nicht überraschend“ bezeichnet. „300 Millionen Euro weniger Steuern als erwartet bedeutet 2009 ein Defizit im Haushalt von über einer Milliarde Euro. Als Senator Freytag in die Finanzbehörde einzog, betrug das Defizit noch etwa 200 Millionen Euro“, sagte Tschentscher. Was angesichts der aktuellen Entwicklung aus den im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Projekten werde, sei völlig unklar.

„Angesichts der aktuellen Finanzkrise und des sich abzeichnenden konjunkturellen Abschwungs ist die heute vorgelegte Schätzung nur ein Vorbote für weniger fette Jahre“, sagte Tschentscher weiter. „Wesentlich wichtiger für den Hamburger Haushalt dürfte die Mai-Steuerschätzung im kommenden Jahr sein“.

Zur Ankündigung „eiserner Haushaltsdisziplin“ durch Freytag sagte Tschentscher: „Wer das Defizit auf 1 Milliarde Euro steigert und immer noch von ausgeglichenen Haushalt redet; wer neue Schulden in guten Zeiten nur durch das Plündern sämtlicher Rücklagen vermeidet und wer seit Amtsantritt die Ausgaben galoppieren lässt, dem nimmt man die Ankündigung eiserner Haushaltsdisziplin nicht ab.“

Mit Blick auf die Krise der HSH Nordbank hat die SPD-Bürgerschaftsfraktion den Druck auf den Senat erhöht. „An der Salamitaktik der Bank ist Finanzsenator Freytag wesentlich beteiligt: Vor gerade mal vier Wochen hat er Geschäftsmodell und Führung der HSH Nordbank in höchsten Tönen gelobt. Heute wissen wir: Freytag ist nicht – wie er öffentlich behauptet hat – der Überbringer schlechter Nachrichten. Im Gegenteil: Er hat die Lage der Bank wider besseres Wissen monatelang schöngeredet.“ Es sei jetzt notwendig, dass die Fakten auf den Tisch kämen. „Spekulationen und vage Andeutungen, wer wann was gewusst haben könnte, helfen niemandem – am wenigsten der HSH Nordbank und ihren Beschäftigten“, sagte Tschentscher.

Chef der HSH Nordbank tritt zurück – Finanzsenator Freytag in Erklärungsnot

Was wusste Freytag? Rücktritt des Bank-Chefs passt nicht zu den bisherigen Aussagen des Finanzsenators – SPD drängt auf Aufklärung im Haushaltsausschuss

Der Rücktritt von Hans Berger als Vorstandsvorsitzender der HSH Nordbank bringt nach Ansicht der SPD-Bürgerschaftsfraktion Finanzsenator Freytag in Erklärungsnot. „Der Rücktritt Bergers steht in deutlichem Kontrast zur bisherigen Darstellung des Senats zur Lage der Bank“, sagte SPD-Finanzexperte Peter Tschentscher. Finansenator Freytag habe jetzt eine ganze Reihe von Fragen zu beantworten. „Für Finanzsenator Freytag wird es langsam schwierig“, sagte SPD-Fraktionschef Michael Neumann. „Vor ein paar Wochen hat der Finanzsenator und CDU-Landeschef Geschäftsmodell und Führung der HSH Nordbank in höchsten Tönen gelobt. Freytag ist nicht – wie er öffentlich behauptet – der Überbringer schlechter Nachrichten. Im Gegenteil: Er hat die Lage der Bank wider besseres Wissen monatelang schöngeredet. Sein bayerischer Kollege Huber hat das mit der Bayerischen Landesbank ähnlich gemacht und am Ende seinen Hut nehmen müssen.“

„Ein Rücktritt wie jetzt der des HSH Nordbank-Chefs ist nur bei schwerwiegenden Fehlern in der Geschäftstätigkeit nachvollziehbar“, sagte Tschentscher. „Wenn es schwerwiegende Fehler gegeben hat: warum wurden diese nicht vom Aufsichtsrat erkannt? Vorstand und Aufsichtsrat sind gleichermaßen für die Geschäfte des Unternehmens verantwortlich. Aufgabe des Aufsichtsrates ist es, die Geschäftstätigkeit kritisch zu begleiten und Fehlentwicklungen zu korrigieren.“

Die SPD-Fraktion werde im Haushaltsausschuss den Senat fragen, welche Fehler die Bank zu welchem Zeitpunkt gemacht hat, warum dem Haushaltsausschuss darüber nicht berichtet wurde und was Senator Freytag als Aufsichtsratmitglied unternommen hat, um finanziellen und wirtschaftlichen Schaden von Hamburg abzuwenden.

Neumann kritisierte einen „unsauberen Umgang“ des Finanzsenators in der öffentlichen Diskussion um die Bank. „Es ist die ständige Verniedlichung einer ernsten Lage, mit der sich Freytag angreifbar gemacht hat. Erst hieß es, bei der HSH Nordbank sei alles in Ordnung. Dann hieß es zunächst, es fehle Eigenkapital. Dann hieß es, es sei mit neun Milliarden Euro genug vorhanden. Erst hieß es, die Bank sei ohne eigene Verantwortung in den Sog der Finanzkrise geraten. Dann gesteht man ein, man habe bei der Entscheidung, in riskante Wertpapiere zu investieren, „Fehler gemacht“. Monatelang hieß es, die Bank habe sich auf den Schwerpunkt Schiffsfinanzierung konzentriert und stütze sich mit dieser Sparte auf ein erfolgreiches und stabiles Geschäftsmodell. Jetzt wird gerade diese Sparte zum Problem erklärt. – Senator Freytag sitzt im Aufsichtsrat. Er muss wissen, dass er mit seinen öffentlichen Aussagen der jüngsten Vergangenheit viele Fragen aufgeworfen hat“, sagte der SPD-Fraktionschef.

Hapag-Lloyd: SPD begrüßt den Verkauf an das Hamburger Konsortium

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion gratuliert dem Hamburger Bieterkonsortium zum Kauf des Erfolgsunternehmens und begrüßt das Engagement des Senats in dieser Sache.

Dass nun auch noch eine Jobgarantie ausgesprochen wurde, freue ihn besonders, so der Fraktionsvorsitzende Michael Neumann, schließlich sei die Erfolgsgeschichte des Unternehmens ohne die Beschäftigten nicht denkbar.

„Wir waren von Anfang an dafür, dass sich Hamburg und damit der Senat um eine Hamburger Lösung für Hapag-Lloyd engagiert. Hapag-Lloyd gehört zu Hamburg.“

Moorburg: Symbol für Beliebigkeit der CDU

Aus Sicht der SPD-Bürgerschaftsfraktion ist die Entscheidung des Senats zum Kohlekraftwerk Moorburg in erster Linie ein Beweis für die „Beliebigkeit der Hamburger CDU“. Schwarz-Grün habe den Konflikt um das Kraftwerk nicht gelöst. Der Stadt drohten Klagen, an der GAL-Basis brodele es, „auch weil sie sich von der CDU – und wohl auch von der eigenen Führung – über den Tisch gezogen fühlt“, sagte Neumann. Das Vertrauen in Hamburger Politik habe durch Winkelzüge und geheime Nebenabsprachen Schaden genommen. Das gelte auch für das Vertrauen potenzieller Investoren auf Zusagen von Senaten und Bürgermeistern.

Neumann sagte, die plötzliche Offenheit des Senats der Gründung von Stadtwerken gegenüber zeige die „völlige Beliebigkeit der CDU“ in konkreten Sachfragen. „Diese Partei tut genau das Gegenteil dessen, was sie jahrelang wie eine Monstranz vor sich her getragen hat“, sagte Neumann. Er nannte die bisherigen Aussagen der CDU in der Debatte um Schulstruktur und Gymnasium, die Frage der bislang bekämpften Stadtbahn, der vermeintlichen Abschaffung der Demokratie durch leichtere Volksentscheide oder die Diskussion um das Elternwahlrecht.

Die Perspektive der Energiepolitik nach der Moorburg-Entscheidung: „Wir haben auf Jahrzehnte ein immer noch sehr großes Kohlekraftwerk in der Stadt. Aber ab 2014 lassen wir dort die Fernwärme ungenutzt, weil die Stadt sie selber produzieren will.
Wenn es so kommt, ist das auch klimapolitisch ein Schildbürgerstreich.

Der Bürgermeister habe den Fehler gemacht, Vattenfall die Verdoppelung der Kraftwerksleistung anzudienen. „Es war sein Fehler, Vattenfall die Genehmigung zu signalisieren und mit Vattenfall öffentlich Vereinbarungen zum Bau des Kraftwerks zu zelebrieren. In den Koalitionsverhandlungen habe von Beust die Unumkehrbarkeit all dieser Fehlentscheidungen verschleiert und die GAL in eine Falle laufen lassen. „All dies hätte ein Bürgermeister nicht gemacht, dem die Verlässlichkeit von Politik, dem die Verlässlichkeit Hamburgs wichtig ist“, sagte Neumann.

Streckenführung und Finanzierung aber weiterhin völlig unklar

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion fordert den Senat auf, nun auch tatsächlich und zügig ein leistungsfähiges Netz für eine Stadtbahn aufzubauen. Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Karin Timmermann, erinnert daran, dass bereits beim Regierungswechsel im Jahre 2001 ein fertiges Konzept für ein 40-Kilometer-Netz vorgelegen habe und das Planfeststellungsverfahren für die Strecke Innenstadt – Steilshoop unmittelbar vor der Eröffnung gestanden habe. Die CDU hatte in ihrer Koalition mit der Schill-Partei diese Planungen aus ideologischen Gründen sofort nach Regierungsübernahme eingestellt.

“Wenn nun 7 Jahre später die mittlerweile von der GAL geleitete Stadtentwicklungsbehörde bekannt gibt, dass der schwarz-grüne Senat eine Stadtbahn bauen lassen möchte, ist das ein richtiger Schritt. Die Frage ist jedoch, was an dieser Nachricht wirklich neu ist. So steht es bereits im Koalitionsvertrag. Nun soll erst einmal über 1 ½ Jahre geprüft werden, wo die Stadtbahn lang führen soll, was es kosten und wie es finanziert werden soll. Die vorgestellten Streckenführungen sehen dabei eher wie ein Wunschkatalog der Koalitionäre aus. Es sind die Strecken enthalten, die die GAL vorzieht und gleichermaßen auch jene, für die sich die CDU zuletzt stark gemacht hat wie die Anbindung Altonas und des Osdorfer Borns. Nun wird erst einmal alles geprüft und selbst für die erste kurze Rumpfstrecke, die eigentlich von Steilshoop zum Borgweg führen sollte, ist alles offen.

“Die SPD hat sich seit Jahren für eine Stadtbahn stark gemacht. Deshalb ist es enttäuschend, dass bis zur nächsten Bürgerschaftswahl 2012 nicht mehr als – bestenfalls – ein symbolischer 1. Spatenstich von Senatorin Hajduk kommen wird. Zu hoffen bleibt, dass die Finanzierung seriös erfolgt und nicht ein weiterer Schattenhaushalt des CDU-GAL-Senats aufgebaut wird, indem die Hochbahn die Finanzierung und damit auch die Schulden für den Bau übernehmen muss”, so Karin Timmermann.

Teilweise erschreckende Zahlen in Hamburger Schulabgangs-Bilanz

Soziale Spaltung der Stadt wird in Zahlen der Schulbehörde sichtbar

Der schulpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion Ties Rabe hat auf „teilweise erschreckende Zahlen“ bei der aktuellen Hamburger Schulabgangsbilanz hingewiesen. So hätten etwa in Wilhelmsburg 22,65 Prozent der Schulabgänger keinen Abschluss und in Billstedt/Horn 21,9 Prozent. Gleichzeitig sei die Abiturientenquote in den besser gestellten Stadtteilen weit höher als in den üblichen. So machten in Othmarschen 74,39 Prozent der Schülerrinnen und Schüler das Abitur. Rabe forderte eine Halbierung der hamburgweiten Abbrecherquote. In den Schulregionen in denen besonders viele Schülerinnen und Schüler keinen Abschluss erhalten, müsse die Zahl zumindest deutlich reduziert werden.

Rabe: Die Hauptaufgabe der Schulpolitik muss sein, jedem Schüler die Chance auf einen Abschluss zu gewähren. Es kann nicht sein, dass anhand der Schulregion festgestellt werden kann, ob der Schüler Abitur oder keinen Abschluss hat.“ Die nächste Woche beginnenden Schulentwicklungskonferenzen sollten sich auch Gedanken machen, wie die Quote der Abbrecher in ihrer Region gesenkt werden kann. Gleichzeitig mahnte Rabe, die Entwicklung der Stadtteilschulen dürfe in der laufenden Diskussion über Schulpolitik nicht ausgeklammert werden. Hier könne bereits schnell konkretes zur Verbesserung der Schulsituation in Hamburg erreicht werden.

Rabe hatte in einer Kleinen Anfrage unter anderem für alle Schulen die Zahl und Qualität der Abschlüsse erfragt. Die Antworten des Senats und die daraus resultierende Schulabgangs-Bilanz seien teilweise erschreckend. „Die soziale Spaltung der Stadt zeigt sich gerade bei der Bildung.“ Zwar seien die Schulabschlüsse nicht der einzige, aber der wichtigste Indikator für den Erfolg oder Misserfolg der Schulen. Es könnten aber – neben einer „Bildungslandkarte für Hamburg“ auch positive oder negative Veränderungen in den Schulen besser erkannt werden.

Schlusslicht der Statistik ist die Schulregion Wilhelmsburg. Von 565 Schulabgängern schafften 128 keinen Abschluss, das sind 22,65 Prozent. Kaum besser da steht die Schulregion Billstedt/Horn: Von 790 Schulabgängern schafften 173 keinen Abschluss, das sind 21,9 Prozent. Ebenfalls auf den letzten drei Plätzen liegt die Region Lurup/Osdorf: Von 440 Schulabgängern schafften 87 keinen Abschluss, das sind 19,77 Prozent.

Dagegen liegen Schulregionen aus wohlhabenderen Stadtteilen an der Spitze – zum Teil in unmittelbarer Nachbarschaft zu den so genannten Bildungsverlierern. In der Schulregion Othmarschen schafften von 367 Schulabgängern nur 3 keinen Schulabschluss, das ist ein Traumwert von 0,82% Schulabbrechern. Dicht auf liegt die Schulregion Poppenbüttel / Wellingsbüttel: Von 583 Schulabgängern schafften nur acht keinen Abschluss, das sind 1,37%. Ebenfalls in der Spitzengruppe die Region Langenhorn: Von 615 Schulabgängern schafften 12 keinen Abschluss, das sind 1,95%. Spiegelbildlich stellt sich die Zahl der Abiturienten dar. So machten etwa 75 Prozent der Schülerinnen und Schüler in der Region Othmarschen das Abitur.

Mit Blick auf die weiter hohe Zahl der Schülerinnen und Schüler, die ihre Schullaufbahn ohne Abschluss beenden, forderte Rabe eine intensivere Einbindung der Schulen in die Schulpolitik. In den anstehenden Schulentwicklungskonferenzen müssten die Beteiligten auch über die Senkung der Schulabbrecher-Quote in ihrer Region beraten. Hier gelte es, auf die Einschätzung der Schulen zu hören. Rabe: „Wir erkennen an den Schulregionen die Schwäche unseres Schulsystems: Kinder aus sozial schwächeren Familien werden nicht angemessen gefördert. Diese Daten geben uns die Chance, klare Zielvorgaben zu definieren. Wir wollen und müssen Jahr für Jahr die Zahl und Qualität der Schulabschlüsse verbessern.“

Gleichzeitig wendete sich der SPD-Bildungspolitiker gegen Versuche, die veröffentlichten Daten für ein Schulranking oder Schulformdebatten zu nutzen. „Aussagen über Leistungsfähigkeit und Qualität einer Schule sind nur möglich, wenn die Unterschiedlichkeit der Schüler bei der Bewertung berücksichtigt wird. Diese Komponente fehlt allerdings bislang. Die jetzt vorliegenden Zahlen lassen Rückschlüsse auf die Qualität von Schulen oder Schulformen deshalb nicht zu. Es wäre aber wünschenswert, insgesamt mehr Transparenz über die Leistungen und die Entwicklungen einzelner Schulen herzustellen.“

Rabe forderte den Senat auf, regelmäßige öffentliche Bildungsberichte für Hamburg vorzulegen. Diese Berichterstattung könne zur Verbesserung der Schulpolitik beitragen, sagte er am Mittwoch. „Wir brauchen klare Ziel- und Leistungsvereinbarungen für jede Schule. Öffentlichkeit und Parlament brauchen verlässliche Daten, um Schulpolitik überprüfen und optimieren zu können.“ Zurzeit basiere die Hamburger Schulpolitik „in wichtigen Bereichen mehr auf Gefühl und Glaube als auf Fakten und Zahlen“, sagte der SPD-Schulpolitiker.

Ein Rückschlag nicht nur für die Hafenwirtschaft auch für Harburg!

Hafenquerspange: Erneut Probleme bei wichtigem Infrastrukturprojekt
Der SPD-Stadtentwicklungsexperte Andy Grote hat die Absage des Senats an die bisherigen Planungen der Hafenquerspange als „Rückschlag für die Menschen in Wilhelmsburg, die Wirtschaft und den Hafen“ bezeichnet. Bausenatorin Anja Hajduk (GAL) hatte zuvor im Stadtentwicklungsausschuss unmissverständlich erklärt, dass der Bau der Strecke bis zum Jahr 2015 nicht mehr zu realisieren sei. „Wieder gibt es Probleme bei einem zentralen Infrastrukturprojekt – wie schon bei der U4, wie bei der Ortsumgehung Finkenwerder oder der Flughafen-S-Bahn. Ich habe große Zweifel, ob der Senat überhaupt verlässliche Rahmenbedingungen für die Stadt- und Wirtschaftsentwicklung gewährleisten kann“, sagte Grote.

Die Argumentation der Senatorin, es gebe keine Verzögerung, weil die bisherige Planung im Bundesverkehrswegeplan nicht als vordringlicher Bedarf eingestuft sei sei künstlich. „Denn unabhängig von der verfolgten Planungsvariante ist die Hafenquerspange aktuell nur im „weiteren Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans vorgesehen. Wenn es mit der Planung in Hamburg ernst wird, müsste der Senat beim Bund auf eine Hochstufung drägen. Die kalkuliert Senatorin Hajduk auch für ihre Planung ein – und dies wäre bei einer weiteren Verfolgung der alten Planung auch nicht anders“, sagte Grote. Es bleibe dabei: „So lange der Senat prüft und prüfen lässt, kann nicht gebaut werden“, sagte Grote. Nicht nur der Hafen und die Hafenbetriebe, auch die Menschen in Wilhelmsburg bräuchten Sicherheit, wie die größer werdenden Verkehrsströme in Zukunft bewältigt werden sollen.

Hajduk hatte gesagt, Verzögerungen bei der Planung der Hafenquerspange gebe es nicht. Sie hatte ihre Ansicht damit begründet, dass es Realisierungsoption gebe, die Planungen für das Verkehrsprojekt bis zum Jahr 2015 umzusetzen.

Wegegesetz: SPD will Bürger beteiligen

Antrag zielt auf transparente Straßenbauplanungen ab

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion will beim Bau von Straßen oder Gehwegen eine moderne Bürgerbeteiligung. „Unser Ziel sind Straßenbauplanungen, die bei Anwohnern auf größtmögliche Akzeptanz stoßen. Hierzu sollen sie früh in den Planungsprozess mit einbezogen werden. Sie müssen über die auf sie zukommenden Kosten informiert werden“, sagt Ole Thorben Buschhüter, Mitglied des Stadtentwicklungsausschusses, am Montag. In der morgigen Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses wird die SPD einen Antrag vorlegen, in dem Eckpunkte für eine Novellierung des Gesetzes formuliert sind. „Der Antrag der Koalitionsfraktionen, das Gesetz lediglich einer Prüfung unter Umwelt- und Verkehrsgesichtspunkten zu unterziehen, reicht nicht“, sagt Andy Grote, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

Hintergrund: Die in vielen Wohnstraßen noch nicht erfolgte, aber vom Rechnungshof angemahnte so genannte endgültige Herstellung öffentlicher Wege führt oft zu Konflikten mit Anliegern – nicht zuletzt, weil sie bis zu 90 Prozent der Kosten zu tragen haben. „Wir wollen das ändern. Außerdem wollen wir bei Wohnstraßen den Ausbaustandard Kosten dämpfend auf das absolut notwendige Maß reduzieren.“

Konkret schlagen die Sozialdemokraten folgende Eckpunkte vor:

* Anlieger sollen bereits bei der Straßenbauplanung beteiligt werden. Die Wegeaufsichtsbehörde soll eine Planungsvariante vorstellen und hierzu möglichst auch günstige Alternativen benennen. Die Anwohner sollen – so will es die SPD – im Falle einer wesentlichen Änderung der Ausbauplanung die Planungsunterlagen einsehen können. „Wir wollen, dass diese Menschen Stellung zu dem nehmen können, was vor ihrer Tür geschieht“, sagte Grote. „Die Menschen sollen Einwände äußern und Vorschläge machen können. Die Resultate dieser Bürgerbeteiligung sollen in die Entscheidung über die Baumaßnahmen einfließen.“

* Wenn die Anlieger für die Kosten einer Straßenbaumaßnahme zahlen müssen, sollen sie rechtzeitig vor Beginn der Arbeiten über die Details und über die Höhe der zu erwartenden Kosten informiert werden.

* Art und Umfang der ersten Anlage sowie des Ausbaues eines öffentlichen Weges sollen den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden. Der Aufwand für die technische Ausführung soll dabei so gering wie möglich gehalten werden. Es soll ein möglichst geringer Versiegelungsgrad angestrebt werden.

* Die zuständige Bezirksversammlung soll vor der Entscheidung über die Ausbauvariante beteiligt werden.