Teilweise erschreckende Zahlen in Hamburger Schulabgangs-Bilanz

Soziale Spaltung der Stadt wird in Zahlen der Schulbehörde sichtbar

Der schulpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion Ties Rabe hat auf „teilweise erschreckende Zahlen“ bei der aktuellen Hamburger Schulabgangsbilanz hingewiesen. So hätten etwa in Wilhelmsburg 22,65 Prozent der Schulabgänger keinen Abschluss und in Billstedt/Horn 21,9 Prozent. Gleichzeitig sei die Abiturientenquote in den besser gestellten Stadtteilen weit höher als in den üblichen. So machten in Othmarschen 74,39 Prozent der Schülerrinnen und Schüler das Abitur. Rabe forderte eine Halbierung der hamburgweiten Abbrecherquote. In den Schulregionen in denen besonders viele Schülerinnen und Schüler keinen Abschluss erhalten, müsse die Zahl zumindest deutlich reduziert werden.

Rabe: Die Hauptaufgabe der Schulpolitik muss sein, jedem Schüler die Chance auf einen Abschluss zu gewähren. Es kann nicht sein, dass anhand der Schulregion festgestellt werden kann, ob der Schüler Abitur oder keinen Abschluss hat.“ Die nächste Woche beginnenden Schulentwicklungskonferenzen sollten sich auch Gedanken machen, wie die Quote der Abbrecher in ihrer Region gesenkt werden kann. Gleichzeitig mahnte Rabe, die Entwicklung der Stadtteilschulen dürfe in der laufenden Diskussion über Schulpolitik nicht ausgeklammert werden. Hier könne bereits schnell konkretes zur Verbesserung der Schulsituation in Hamburg erreicht werden.

Rabe hatte in einer Kleinen Anfrage unter anderem für alle Schulen die Zahl und Qualität der Abschlüsse erfragt. Die Antworten des Senats und die daraus resultierende Schulabgangs-Bilanz seien teilweise erschreckend. „Die soziale Spaltung der Stadt zeigt sich gerade bei der Bildung.“ Zwar seien die Schulabschlüsse nicht der einzige, aber der wichtigste Indikator für den Erfolg oder Misserfolg der Schulen. Es könnten aber – neben einer „Bildungslandkarte für Hamburg“ auch positive oder negative Veränderungen in den Schulen besser erkannt werden.

Schlusslicht der Statistik ist die Schulregion Wilhelmsburg. Von 565 Schulabgängern schafften 128 keinen Abschluss, das sind 22,65 Prozent. Kaum besser da steht die Schulregion Billstedt/Horn: Von 790 Schulabgängern schafften 173 keinen Abschluss, das sind 21,9 Prozent. Ebenfalls auf den letzten drei Plätzen liegt die Region Lurup/Osdorf: Von 440 Schulabgängern schafften 87 keinen Abschluss, das sind 19,77 Prozent.

Dagegen liegen Schulregionen aus wohlhabenderen Stadtteilen an der Spitze – zum Teil in unmittelbarer Nachbarschaft zu den so genannten Bildungsverlierern. In der Schulregion Othmarschen schafften von 367 Schulabgängern nur 3 keinen Schulabschluss, das ist ein Traumwert von 0,82% Schulabbrechern. Dicht auf liegt die Schulregion Poppenbüttel / Wellingsbüttel: Von 583 Schulabgängern schafften nur acht keinen Abschluss, das sind 1,37%. Ebenfalls in der Spitzengruppe die Region Langenhorn: Von 615 Schulabgängern schafften 12 keinen Abschluss, das sind 1,95%. Spiegelbildlich stellt sich die Zahl der Abiturienten dar. So machten etwa 75 Prozent der Schülerinnen und Schüler in der Region Othmarschen das Abitur.

Mit Blick auf die weiter hohe Zahl der Schülerinnen und Schüler, die ihre Schullaufbahn ohne Abschluss beenden, forderte Rabe eine intensivere Einbindung der Schulen in die Schulpolitik. In den anstehenden Schulentwicklungskonferenzen müssten die Beteiligten auch über die Senkung der Schulabbrecher-Quote in ihrer Region beraten. Hier gelte es, auf die Einschätzung der Schulen zu hören. Rabe: „Wir erkennen an den Schulregionen die Schwäche unseres Schulsystems: Kinder aus sozial schwächeren Familien werden nicht angemessen gefördert. Diese Daten geben uns die Chance, klare Zielvorgaben zu definieren. Wir wollen und müssen Jahr für Jahr die Zahl und Qualität der Schulabschlüsse verbessern.“

Gleichzeitig wendete sich der SPD-Bildungspolitiker gegen Versuche, die veröffentlichten Daten für ein Schulranking oder Schulformdebatten zu nutzen. „Aussagen über Leistungsfähigkeit und Qualität einer Schule sind nur möglich, wenn die Unterschiedlichkeit der Schüler bei der Bewertung berücksichtigt wird. Diese Komponente fehlt allerdings bislang. Die jetzt vorliegenden Zahlen lassen Rückschlüsse auf die Qualität von Schulen oder Schulformen deshalb nicht zu. Es wäre aber wünschenswert, insgesamt mehr Transparenz über die Leistungen und die Entwicklungen einzelner Schulen herzustellen.“

Rabe forderte den Senat auf, regelmäßige öffentliche Bildungsberichte für Hamburg vorzulegen. Diese Berichterstattung könne zur Verbesserung der Schulpolitik beitragen, sagte er am Mittwoch. „Wir brauchen klare Ziel- und Leistungsvereinbarungen für jede Schule. Öffentlichkeit und Parlament brauchen verlässliche Daten, um Schulpolitik überprüfen und optimieren zu können.“ Zurzeit basiere die Hamburger Schulpolitik „in wichtigen Bereichen mehr auf Gefühl und Glaube als auf Fakten und Zahlen“, sagte der SPD-Schulpolitiker.

Ein Rückschlag nicht nur für die Hafenwirtschaft auch für Harburg!

Hafenquerspange: Erneut Probleme bei wichtigem Infrastrukturprojekt
Der SPD-Stadtentwicklungsexperte Andy Grote hat die Absage des Senats an die bisherigen Planungen der Hafenquerspange als „Rückschlag für die Menschen in Wilhelmsburg, die Wirtschaft und den Hafen“ bezeichnet. Bausenatorin Anja Hajduk (GAL) hatte zuvor im Stadtentwicklungsausschuss unmissverständlich erklärt, dass der Bau der Strecke bis zum Jahr 2015 nicht mehr zu realisieren sei. „Wieder gibt es Probleme bei einem zentralen Infrastrukturprojekt – wie schon bei der U4, wie bei der Ortsumgehung Finkenwerder oder der Flughafen-S-Bahn. Ich habe große Zweifel, ob der Senat überhaupt verlässliche Rahmenbedingungen für die Stadt- und Wirtschaftsentwicklung gewährleisten kann“, sagte Grote.

Die Argumentation der Senatorin, es gebe keine Verzögerung, weil die bisherige Planung im Bundesverkehrswegeplan nicht als vordringlicher Bedarf eingestuft sei sei künstlich. „Denn unabhängig von der verfolgten Planungsvariante ist die Hafenquerspange aktuell nur im „weiteren Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans vorgesehen. Wenn es mit der Planung in Hamburg ernst wird, müsste der Senat beim Bund auf eine Hochstufung drägen. Die kalkuliert Senatorin Hajduk auch für ihre Planung ein – und dies wäre bei einer weiteren Verfolgung der alten Planung auch nicht anders“, sagte Grote. Es bleibe dabei: „So lange der Senat prüft und prüfen lässt, kann nicht gebaut werden“, sagte Grote. Nicht nur der Hafen und die Hafenbetriebe, auch die Menschen in Wilhelmsburg bräuchten Sicherheit, wie die größer werdenden Verkehrsströme in Zukunft bewältigt werden sollen.

Hajduk hatte gesagt, Verzögerungen bei der Planung der Hafenquerspange gebe es nicht. Sie hatte ihre Ansicht damit begründet, dass es Realisierungsoption gebe, die Planungen für das Verkehrsprojekt bis zum Jahr 2015 umzusetzen.

Wegegesetz: SPD will Bürger beteiligen

Antrag zielt auf transparente Straßenbauplanungen ab

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion will beim Bau von Straßen oder Gehwegen eine moderne Bürgerbeteiligung. „Unser Ziel sind Straßenbauplanungen, die bei Anwohnern auf größtmögliche Akzeptanz stoßen. Hierzu sollen sie früh in den Planungsprozess mit einbezogen werden. Sie müssen über die auf sie zukommenden Kosten informiert werden“, sagt Ole Thorben Buschhüter, Mitglied des Stadtentwicklungsausschusses, am Montag. In der morgigen Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses wird die SPD einen Antrag vorlegen, in dem Eckpunkte für eine Novellierung des Gesetzes formuliert sind. „Der Antrag der Koalitionsfraktionen, das Gesetz lediglich einer Prüfung unter Umwelt- und Verkehrsgesichtspunkten zu unterziehen, reicht nicht“, sagt Andy Grote, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

Hintergrund: Die in vielen Wohnstraßen noch nicht erfolgte, aber vom Rechnungshof angemahnte so genannte endgültige Herstellung öffentlicher Wege führt oft zu Konflikten mit Anliegern – nicht zuletzt, weil sie bis zu 90 Prozent der Kosten zu tragen haben. „Wir wollen das ändern. Außerdem wollen wir bei Wohnstraßen den Ausbaustandard Kosten dämpfend auf das absolut notwendige Maß reduzieren.“

Konkret schlagen die Sozialdemokraten folgende Eckpunkte vor:

* Anlieger sollen bereits bei der Straßenbauplanung beteiligt werden. Die Wegeaufsichtsbehörde soll eine Planungsvariante vorstellen und hierzu möglichst auch günstige Alternativen benennen. Die Anwohner sollen – so will es die SPD – im Falle einer wesentlichen Änderung der Ausbauplanung die Planungsunterlagen einsehen können. „Wir wollen, dass diese Menschen Stellung zu dem nehmen können, was vor ihrer Tür geschieht“, sagte Grote. „Die Menschen sollen Einwände äußern und Vorschläge machen können. Die Resultate dieser Bürgerbeteiligung sollen in die Entscheidung über die Baumaßnahmen einfließen.“

* Wenn die Anlieger für die Kosten einer Straßenbaumaßnahme zahlen müssen, sollen sie rechtzeitig vor Beginn der Arbeiten über die Details und über die Höhe der zu erwartenden Kosten informiert werden.

* Art und Umfang der ersten Anlage sowie des Ausbaues eines öffentlichen Weges sollen den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden. Der Aufwand für die technische Ausführung soll dabei so gering wie möglich gehalten werden. Es soll ein möglichst geringer Versiegelungsgrad angestrebt werden.

* Die zuständige Bezirksversammlung soll vor der Entscheidung über die Ausbauvariante beteiligt werden.

Betreutes Wohnen – nötig sind verlässliche Mindeststandards

Anlässlich des einsamen Todes eines Rentners in der katholischen Seniorenwohnanlage Eißendorf fordert Dirk Kienscherf, Sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, von der Sozialbehörde Klärung und die Festlegung von Mindeststandards für „Betreutes Wohnen“.

„Die Umstände dieses konkreten Falls sind uns nicht vollständig bekannt, deshalb möchte ich kein vorschnelles Urteil fällen. Die Sozialbehörde ist aufgefordert, den Sachverhalt aufzuklären und dem Sozialausschuss am kommenden Dienstag darüber zu berichten“, so Kienscherf.

Die Tatsache, dass ein Mensch in einer Seniorenwohnanlage völlig unbemerkt sterben kann, veranlasst die SPD-Bürgerschaftsfraktion aber auch zu der Forderung, in Hamburg Mindeststandards für das sogenannte „Betreute Wohnen“ festzulegen, die allgemein verständlich und transparent sind. „Die Bewohner brauchen Klarheit, bevor sie einziehen. Nötig sind transparente Mindeststandards bzw. ein Gütesiegel, beispielsweise wie in NRW“, so Kienscherf weiter.

Ein funktionierendes Notrufsystem gehöre zur Grundausstattung einer Seniorenwohnanlage. „So ein Notrufsystem muss ja nicht von jeder Seniorenwohnanlage neu eingerichtet werden, das kann auch in Verbund mit anderen Wohnanlagen oder einem Dienstleister angeboten werden.“

Kienscherf betonte aber auch, dass es in Hamburg viele Seniorenwohnanlagen gibt, die gut funktionieren.

SPD besorgt Universiade-Zuschuss vom Bund

Der Bund will sich nun doch mit insgesamt 50 Millionen Euro an den Kosten für die Universiade beteiligen. Mit dieser erfreulichen Nachricht im Gepäck kehrte der SPD-Bürgerschaftsvorsitzende Michael Neumann gestern Nachmittag aus Berlin zurück.

Zusammen mit Juliane Timmermann, der sportpolitischen Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, ist es Neumann gelungen, Peter Struck von der Bedeutung einer Universiade in Deutschland zu überzeugen. „Es geht darum, sich als Hamburger für unsere Stadt einzusetzen“, so Neumann, „und das war erfolgreich.“

Der Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Struck habe zugesagt, einen Antrag in die Haushaltsberatungen einzubringen, um 25 Millionen zusätzlich zur Verfügung zu stellen.

Bisher hieß es, der Bund würde sich lediglich mit 25 Millionen beteiligen. Daraufhin ließ der Senat zwar verlautbaren, dass er an einer Bewerbung für die Universiade 2015 festhalte, doch die Hoffnung schien Herr von Beust aufgegeben zu haben.

Mit dem gestrigen Gespräch hat sich das Blatt gewendet: „Das ist ein starkes Signal für Hamburg. Jetzt ist der Senat gefordert, seinen Finanzierungsanteil zu bringen“, so Neumann. Außerdem sei ein Konzept zur Förderung des Breitensports gefordert. Ziel sei es schließlich, dass möglichst viele Hamburger Sportler erfolgreich an der Universiade teilnehmen.

Auch abseits des Sports hat eine solche Veranstaltung große Bedeutung. „Hamburg bietet perfekte Voraussetzungen und hätte mit der Universiade 2015 die Chance, sich nicht nur als Sport-, sondern auch als Kultur- und Wissenschaftsstandort weltweit zu präsentieren“, so Juliane Timmermann.

Entlassung von Bonz: „Der Fisch stinkt vom Kopfe her“

Der Skandal ist die Lüge des Senats – nicht der Vermerk darüber

Mit der Entlassung von Wirtschaftsstaatsrat Bonz hat Bürgermeister von Beust aus Sicht der SPD-Bürgerschaftsfraktion für eine weitere Eskalation der Senatskrise um Geheimabsprachen neben dem Koalitionsvertrag gesorgt. „Staatsrat Bonz ist nur ein Bauernopfer. Der Fisch stinkt vom Kopfe her“, sagte SPD-Fraktionschef Michael Neumann.

„Der Vermerk von Staatsrat Bonz hat öffentlich gemacht, dass die Spitzen von CDU und GAL die Öffentlichkeit schon bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages belogen haben. Es gibt mindestens eine geheime Absprache neben dem Koalitionsvertrag. CDU und GAL haben das Gegenteil behauptet. Nicht die Lüge scheint für den Bürgermeister aber das Problem zu sein, sondern die Tatsache, dass sie rausgekommen ist. Das ist unerhört“, sagte SPD-Fraktionschef Michael Neumann.

Der Bürgermeister schaffe es nicht, die aktuelle Senatskrise in den Griff zu bekommen. „Im Gegenteil: Herr von Beust hat die Problematik geheimer Absprachen jetzt nach ganz oben auf die politische Tagesordnung gesetzt“, sagte Neumann. Der Bürgermeister müsse Medien und Öffentlichkeit gegenüber unmissverständlich die Frage beantworten, ob es weitere Absprachen jenseits des schwarz-grünen Koalitionsvertrages gibt. Zuletzt hatte Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) auf diese Frage lediglich antworten können, ihm seien für das Innenressort solche Absprachen „nicht bekannt“.

Polizeiabwerbung „Schlag für Hamburg“

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat die Bemühungen der Berliner Polizei Hamburger Polizeibeamte abzuwerben als „Schlag für Hamburg“ bezeichnet.

„Die Abwerbungsversuche treffen die Hamburger Polizei zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt: Die Zahl der Vollzugsbeamtenstellen ist im Sinkflug und die Ausbildungskapazitäten wurden in den vergangenen Jahren zurückgefahren. Eine schrumpfende Hamburger Polizei kann sich keinen zusätzlichen Personalverlust leisten“, kritisierte SPD-Innenexperte Andreas Dressel am Freitag: „Jetzt rächt sich einmal mehr die vom CDU-Senat eingeleitete und von Schwarz-Grün fortgesetzte Kürzungspolitik. Es gibt keine Reserven, mit denen solche Weggänge aufgefangen werden könnten.“

Dressel forderte den Innensenator auf, in der Innenministerkonferenz einen neuen Anlauf für „konsensfähige und verlässliche Rahmenbedingungen für Personalwechsel zwischen den Ländern“ zu unternehmen. „Das ist aber keine Einbahnstraße“, sagte Dressel mit Blick auf die Hamburger Abwerbungen von Berliner Polizisten in der Schill-Ära. „Die aktuellen Abwerbungen sind eine bedauerliche, aber wenig verwunderliche Retourkutsche aus Berlin.“

Geheimabsprachen: Senat in der Krise

Neumann fordert Offenlegung der Höffner-Akten

Im Streit um Geheimabsprachen jenseits des schwarz-grünen Koalitionsvertrages rutscht der Senat nach Ansicht der SPD-Bürgerschaftsfraktion in eine tiefe Glaubwürdigkeitskrise. „Lügen haben kurze Beine“, sagte SPD-Fraktionschef Michael Neumann als Reaktion auf eine aktuelle Stellungnahme des Senats zur möglichen Ansiedlung des Höffner-Möbelhauses in Eidelstedt.

„Mit seiner Stellungnahme räumt der Senat erstmals ein: Senatsmitglieder haben öffentlich die Unwahrheit gesagt“, sagte Neumann. Jetzt stehe die Frage im Raum, ob es auch bei anderen politischen Komplexen Geheimabsprachen neben dem Koalitionsvertrag gibt – etwa dem Streit um das Kohlekraftwerk Moorburg. Neumann betonte, Bürgermeister von Beust, CDU-Landeschef Freytag, GAL-Fraktionschefin Goetsch und die GAL-Landesvorsitzende Hajduk hätten die Existenz solcher Absprachen bei der offiziellen Vorstellung des Koalitionsvertrages ausdrücklich verneint. Das Vertrauen insbesondere der Hamburger Wirtschaft in den Senat werde durch das heutige Eingeständnis auf eine erste harte Probe gestellt.

Neumann kritisierte den Senat scharf: „Er ramponiert seine Glaubwürdigkeit und fügt sich, der Stadt Hamburg und der Politik allgemein Schaden zu.“ Die „Salamitaktik“ des Senats bezeichnete er als „entlarvend: Erst wird geleugnet, dann wird scheibchenweise eingeräumt, was nicht mehr zu leugnen ist. Die Wahrheit wird am Ende ans Licht kommen. Der Senat muss die Akten zur Höffner-Ansiedlung auf den Tisch legen“, forderte der SPD-Fraktionschef.

100 Tage Schwarz-Grün: „Da war noch nix“

Haushalts- und Bildungspolitik im Fokus der Opposition
Debatte über Geheimabsprache bringt Senat in Bedrängnis

100 Tage nach Antritt des schwarz-grünen Senats macht sich – so SPD-Fraktionschef Michael Neumann und SPD-Fraktionsvize Ingo Egloff – weitgehend Ernüchterung breit. „Die aktuelle Debatte über Geheimabsprachen jenseits des Koalitionsvertrages bringt den konservativen Senat schon nach 100 Tagen politisch in Bedrängnis. Über seine Leistungen kann man noch nicht viel sagen. Denn er hat noch nichts geleistet“, sagte Neumann am Donnerstag. Bei den bisher erzielten „Kompromissen zwischen CDU-Konservatismus einerseits und grünen Träumereien anderseits“ sei meist Murks herausgekommen. Egloff bezeichnete es als „vielsagend“, dass sich Bürgermeister von Beust nicht zu einer Bewertung der ersten 100 Tage seines Senats habe durchringen können. „Unbeabsichtigt gibt Herr von Beust uns Recht: Da war noch nix“, sagte Egloff.

Schwarz-Grün habe von seiner Faszination schon in den ersten 100 Tagen viel verloren, sagte Neumann weiter. Von einem Modellprojekt für andere Länder oder gar den Bund rede niemand mehr. In Hamburg lägen CDU und GAL in wichtigen Ressorts weit auseinander – etwa in der Schul-, Wirtschafts- und Innenpolitik. „Schwarz und Grün lösen politische Widersprüche nicht auf. Sie kleistern sie zu. Zustande gekommen sind faule Kompromisse, mit denen niemand wirklich zufrieden sein kann und die die Stadt nicht voranbringen“, sagte Neumann.

Die Aufdeckung von Nebenabsprachen jenseits des schwarz-grünen Koalitionsvertrages bringe den Senat in eine Glaubwürdigkeitskrise: „Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages durch Bürgermeister von Beust, CDU-Chef Freytag sowie GAL-Fraktionschefin Goetsch und GAL-Landeschefin Hajduk ist unmissverständlich erklärt worden, es gebe neben dem Koalitionsvertrag keine weiteren Absprachen. Diese Aussage glaubt jetzt niemand mehr. Im Senat und innerhalb der Koalitionsfraktionen knirscht es bereits. Es wäre ein Skandal, wenn Schwarz-Grün mit einer faustdicken Lüge in die Legislaturperiode gestartet wäre. Und vieles spricht dafür. Hier müssen sich die Spitzen von CDU und GAL unmissverständlich äußern. Auf einen Hamburger Senat muss man sich verlassen können.“

Schwarz-Grün verpasse die Chance, schon zu Beginn der Legislaturperiode Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. In der Sozialpolitik gebe es keinerlei Bereitschaft, der sozialen Spaltung der Stadt entgegenzuwirken, für den Hochschulbesuch würden weiter Studiengebühren kassiert. In Bildungs- und Hochschulpolitik bleibe es dabei, dass die Bildungschancen von Kindern und jungen Leuten vom Portemonnaie der Eltern abhängen. „CDU und GAL haben versäumt, durch das Streichen von Bildungsgebühren einen Kurswechsel im gesamten Bereich der Bildungspolitik vorzunehmen“, sagte Neumann.

Bei größeren Projekten zeige sich der schwarz-grüne Senat unentschlossen und überfordert. Neumann nannte etwa das Gezerre der Ausrichtung der Universiade oder den laufenden Streit um den Bau des Kohlekraftwerks Moorburg. Hier habe die schwarz-grüne Politik sich vor einer Entscheidung gedrückt und die Verantwortung auf die Justiz abgeschoben. „Regieren sieht anders aus“, sagte der SPD-Fraktionschef.

In der Schulpolitik stehe der Senat jetzt schon unter Druck. Die Einführung der Primarschulen gehöre zu einer Reihe von Versprechungen, von denen niemand wisse wann und vor allen wie sie umgesetzt werden sollen – „von der Finanzierung ganz zu schweigen“, sagte Neumann. „In der Bildungspolitik ist es wichtig, Eltern und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler auf dem Reformprozess mitzunehmen. Senatorin Goetsch aber greift zur Brechstange und führt in Hamburg die Primarschule ein, die in Berlin gerade erst gescheitert ist“. Es sei ein „Skandal“ dass Schwarz Grün den Elternwillen abschaffe. „Eltern sollen nach dem Wunsch von CDU und GAL keinen Einfluss mehr auf die Wahl der weiterführenden Schulform haben. Damit provozieren Herr von Beust und Frau Goetsch Widerstand der Eltern und fügen der richtigen Idee vom längeren gemeinsamen Lernen Schaden zu.“

Egloff bezeichnete es als bemerkenswert, dass die Koalitionäre „in Windeseile“ zentrale Versprechen über Bord geworfen haben. Egloff nannte etwa die vom Bürgermeister als „nicht verhandelbare“ Aussage, es dürften keine neuen Schulden gemacht werden. „In Wirklichkeit weiß mittlerweile jeder, wie es um den Haushalt bestellt ist. Die Steuereinnahmen sprudeln, aber Finanzsenator Freytag ist es nicht gelungen, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Stattdessen verscherbelt er das Tafelsilber der Stadt. Das ist das Gegenteil von solider Finanzpolitik.“ Wenn der Bürgermeister jetzt über Steuererhöhungen nachdenke, zeige dies in erster Linie eins: „Hamburg hat ein Problem mit den Ausgaben, nicht mit den Einnahmen. Schwarz-Grün kommt mit dem Geld nicht aus“, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvize.

Neumann erteilte Überlegungen für Steuererhöhungen eine klare Absage. „Bevor die Hamburgerinnen und Hamburger weiter belastet werden, muss der Senat bei seinen Projekten den Rotstift ansetzen“, sagte Neumann. Der Koalitionsvertrag sehe zusätzliche Ausgaben in der Höhe von 1,3 Milliarden Euro vor. Davor habe der CDU-Senat Projekte für 800 Millionen Euro beschlossen. „Schwarz-Grün hat also viele Möglichkeiten zu sparen“, sagte Neumann. Die Hamburger Steuerzahler dürften nicht für fragwürdige politische Experimente zur Kasse gebeten werden.

Egloff äußerte sich besorgt über die zukünftige finanzielle Absicherung des Hamburger Hafens. „Bisher gab es Einigkeit unter den großen Parteien, dass alles für die Konkurrenzfähigkeit des Hamburger Hafen getan werden muss. Es ist Besorgnis erregend, dass in CDU und GAL jetzt überlegt wird, die Investitionen in den Hafen zurück zu fahren. Hier setzt die CDU um des Koalitionsfriedens Willen die Zukunft des zentralen Wirtschaftsfaktors in Hamburg auf Spiel“, warnte Egloff.

Neumann kündigte eine „harte und sachliche Auseinandersetzung mit Schwarz-Grün“ an. „Mit den anstehenden Haushaltsberatungen wird die Öffentlichkeit endlich erfahren, in welchem Zustand sich die Hamburger Staatsfinanzen befinden. Die Öffentlichkeit wird dann auch erfahren, welche Pläne und Ankündigungen von Schwarz-Grün in der Versenkung verschwinden werden.“ Der SPD-Fraktionschef wiederholte die Grundausrichtung der SPD in der Auseinandersetzung mit Schwarz-Grün: „Wir werden die Arbeit von Schwarz-Grün nüchtern und sachlich bewerten, wir werden Richtiges richtig nennen und Falsches falsch.“ Neumann begrüßte in diesem Zusammenhang die Entscheidung von Schwarz-Grün, die Planung zur Einführung einer Stadtbahn wieder aufzunehmen und das Engagement von Senat und Fraktionen gegen den Verkauf von Hapag-Lloyd.
Schwerpunkte der politischen Arbeit der SPD würden die Haushalts- und Schulpolitik sowie der Kampf gegen die fortschreitende soziale Spaltung der Stadt sein, kündigte der SPD-Fraktionschef an. Die neue und wesentlich jüngere SPD-Bürgerschaftsfraktion habe in der schwarz-grünen Legislaturperiode schnell Tritt gefasst. „Es ist uns gelungen, zum Beispiel in den wichtigen Ressorts Haushalt, Schule und Justiz neue Abgeordnete zu positionieren, die sich auf Augenhöhe mit den Senatorinnen und Senatoren auseinandersetzen können.“

Deutlicher Rückgang beim Wohnungsneubau

Im Jahr 2007 wurden in Hamburg über 25 Prozent weniger Wohnungen fertig gestellt als im Vorjahr. Das ergibt sich aus der Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage des SPD-Stadtentwicklungsexperten Jan Quast (siehe Anlage). Während 2006 noch 4278 Wohnungen neu gebaut wurden, waren es 2007 nur noch 3173.

„Die sogenannten Wohnungsbauoffensiven, von denen der CDU-Senat für 2007 bereits eine echte Verbesserung bei den Neubauten erwartete, sind ohne entsprechendes Ergebnis geblieben. Dies gilt insbesondere für den Geschosswohnungsbau, in dem die Fertigstellungszahlen um 22 Prozent auf 1693 Wohnungen zurück gingen“, sagte Quast.

Als erfreulich bezeichnete er die Zunahme bei den Baugenehmigungen um knapp 20 Prozent auf 4575 Wohnungen. „Die Richtung stimmt, und das ist gut. Allerdings liegt diese Zahl immer noch mindestens 10 Prozent unter der von allen Parteien als notwendig angenommenen Neubauzahl von mindestens 5000 Wohnungen“, sagte Quast.