Die Bilanz von Schwarz-Grün in Hamburg: Ramponiert nach nicht mal 12 Monaten

Generaldebatte als erste Bilanz der Koalition aus CDU und GAL: Fehler in Haushaltspolitik und Kostensteigerung bei Elbphilharmonie; Mitverantwortung für Krise der HSH Nordbank; Primarschul-Murks auf Kosten schwächerer Schüler – und ein Bürgermeister ohne

SPD-Fraktionschef Michael Neumann hat die Generaldebatte in der Bürgerschaft zu einer vorgezogenen Bilanz von einem Jahr CDU-GAL-Senat in Hamburg genutzt. Zwar gebe es im Vergleich zur CDU-Alleinregierung Verbesserungen, insbesondere in der Justizpolitik oder bei der Entscheidung für den Bau einer Stadtbahn. „Die Fehler in der Haushaltspolitik, die Mitverantwortung des Senats für die Krise der HSH Nordbank, das Gemurkse in der Schulpolitik oder die Kostenexplosion beim Bau der Elbphilharmonie haben das vermeintliche Pilotprojekt Schwarz-Grün aber bereits nach einem Jahr gründlich ramponiert. Schwarz-Grün hat in Hamburg keine Mehrheit mehr“, sagte Neumann. Er forderte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) erneut auf, Finanzsenator Freytag zu entlassen. Dieser habe sich gleich in mehrfacher Hinsicht als überfordert gezeigt und trage die Hauptverantwortung dafür, „dass Hamburg auf die aktuelle Krise nicht besser vorbereitet ist“. Mit Blick auf die Kostensteigerungen bei der Elbphilharmonie sprach sich die SPD dagegen aus, den Vertrag über die Mehrkosten-Übernahme nicht abzuschließen. „Der Senat darf vertragliche Rechtspositionen nicht räumen“, sagte Neumann. Vor einer Einigung über die Mehrkosten müsse der Senat ein vertraglich vereinbartes Schiedsgutachten durchführen.

Neumann warf dem Ersten Bürgermeister in der Generaldebatte fehlende Glaubwürdigkeit in der Politik vor. „Herr von Beust: Die inhaltliche Beliebigkeit des Bürgermeisters und der Opportunismus der CDU-Parteiführung sind die Grundprobleme Ihrer Regierung und ihrer Amtsführung“, sagte der SPD-Fraktionschef. Von Beust fordere als Bundesratspräsident in Berlin, Politiker mögen die Menschen ernster nehmen. Als Bürgermeister in Hamburg setze er sich über Volksentscheide hinweg. In Berlin übernehme er den Job des CDU-Klimaschutzbeauftragten. In Hamburg drücke er in Verhandlungen gleichzeitig das umstrittene Kohlekraftwerk Moorburg durch. Im Wahlkampf habe von Beust sich zum Hüter des Elternwahlrechts gemacht – um es nach der Wahl „aus koalitionspolitischem Opportunismus“ abzuschaffen. Die jüngsten, kapitalismuskritischen Äußerungen des Ersten Bürgermeisters nannte Neumann vor diesem Hintergrund „gelungenes Eigenmarketing, aber nicht mehr“ – schließlich hätten die vermeintlichen Einsichten von Beusts nicht einmal in Ansätzen zu einer Korrektur seiner Politik geführt.

Neumann hielt Finanzsenator Freytag eine „für Hamburg verhängnisvolle Leistungsbilanz“ vor. Freytag habe in Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen nicht konsolidiert, sondern Einnahmen wie Rücklagen ausgegeben. „Hätten Sie den Kosolidierungskurs ihrer Vorgänger fortgesetzt, wäre Hamburg heute besser auf die aktuellen Herausforderungen vorbereitet“, sagte Neumann. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die millionenschweren Mehrkosten beim Bau der Elbphilharmonie und die zu erwartenden Belastungen durch die Krise der HSH Nordbank.

Neumann sagte, der Senat trage zwar nicht die Verantwortung für die internationale Krise der Finanzmärkte. „Aber er trägt die Verantwortung für die Krise der HSH Nordbank. Und er trägt Verantwortung für eine Vertrauenskrise, die untrennbar mit den Namen Peiner, Freytag und von Beust verbunden ist. Sie haben in der Frage von Haushalt und Finanzen jedes Vertrauen verspielt“, sagte Neumann. Es müsse jetzt darum gehen, die Bank wieder handlungsfähig zu machen. „Und wir müssen uns dann darum kümmern, wer für die Krise die Verantwortung trägt“, zitierte Neumann GAL-Fraktionschef Jens Kerstan. Die SPD sei bei beiden Aufgaben zur Mitarbeit bereit.

Negativ fiel das Urteil des SPD-Fraktionschefs über die Schulpolitik von CDU und GAL aus.
Der in der letzten Legislaturperiode erreichte „Hamburger Schulkompromiss“ hätte Schulfrieden bringen können, „wenn Bürgermeister von Beust nicht bereit gewesen wären, auch hier sachlich-politsche Grundsätze dem machtpolitischen Kalkül und dem parteipolitischen Opportunismus zu opfern. Das Ergebnis ist der schwarz-grüne Primarschul-Murks“, sagte Neumann. Die schwarz-grünen Schulexperimente verhinderten, dass die Themen Steigerung der Unterrichtsqualität und Förderung so genannter Risikoschüler angepackt wird. „Und so gehen die Reformvorhaben in erster Linie zu Lasten der schwächeren Schülerinnen und Schüler in Hamburg“, sagte Neumann.

Der Grundgedanke des längeren gemeinsamen Lernens sei richtig. „Es ist aber falsch, diesen richtigen Grundgedanken überhastet, ohne breite Zustimmung und parallel zur Schaffung der neuen Stadtteilschule einzuführen. Denn Ihre Reformhektik wird die Kraft für den Aufbau der Stadtteilschule kosten, die wir so dringend brauchen.“ Schwarz-Grün zwinge die Schulen, sich mit Raumplänen und Fahrplänen herumzuärgern, statt mit besserer Bildung.

Neumann griff insbesondere die CDU scharf an. Sie schrecke nicht davor zurück, das Wahlrecht der Eltern bei der Frage der weiterführenden Schule abzuschaffen. „Die CDU hat sich im Wahlkampf zur Verteidigerin des Elternwahlrechts aufgespielt. Wir erleben jetzt aber einen schwarz-grünen Wahlrechtsraub. Das werden die Eltern nicht vergessen“, sagte Neumann.

Der SPD-Fraktionschef sagte, die politische Linie der Haushaltsanträge seiner Fraktion sei „geprägt vom Bekenntnis zu Verantwortung und Pragmatismus“. Die SPD wolle Verbesserungen für Schülerinnen und Schüler, für Kinder in Krippe, Kita und Hort und für wohnungssuchende Familien durchsetzen. „Wir wollen, dass diejenigen Hilfe bekommen, die sie brauchen“, sagte Neumann. Darüber würde in den kommenden Tagen debattiert. „Verantwortung und Pragmatismus heißt, dass diese Verbesserungen möglich, finanzierbar und umsetzbar sind“, sagte Neumann. Ohne solide Finanzierung sei auch die beste Forderung nicht gut. „Unsere Forderungen zum Haushalt sind daher gegenfinanziert, sie sind gedeckt und sie sind gut“, betonte Neumann. Man könne es sich als Opposition leichter machen. „Aber unser Maßstab ist nicht Opposition sondern Regierung – gerade in schweren Zeiten.“