Auch 2009 ist der „Tag der Arbeit“ ein Feiertag. In diesem Jahr ein Feiertag besonderer Art. Er trifft auf den tiefsten wirtschaftlichen Einbruch in der Geschichte der Bundesrepublik. Unternehmen und Arbeitsplätze sind bedroht. Viele Menschen machen sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz. Viele sind schon persönlich betroffen.
In dieser Situation zeigt sich überzeugend, wie wichtig und unverzichtbar die organisierte Arbeitnehmerschaft für die soziale Marktwirtschaft und für unsere Demokratie ist. Starke Gewerkschaften – engagierte Betriebsräte: Männer und Frauen, die sachkundig und ziel führend ihre Rechte nutzen, sich für ihre Unternehmen, besonders aber für die Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen einsetzen.
Dieses Verantwortungsbewusstsein und das hohe Engagement, mit dem die deutschen Gewerkschaften zum Handeln in der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt beitragen, heben diesen 1. Mai 2009 hervor. Er ist wirklich ein Feiertag. Er macht Gefahren deutlich, aber er macht auch Mut.
Auch die deutsche Sozialdemokratie stellt sich den Aufgaben dieser Zeit. Im konkreten Regierungshandeln und als Partei:
Die Bundesregierung hat mit dem Schutzschirm für die Finanzwirtschaft und zwei Konjunkturpaketen viel getan, um die Auswirkungen der Krise zu dämmen. Die von der SPD durchgesetzte „Abwrackprämie“ und die Ausweitung der Kurzarbeit kommen Unternehmen wie Arbeitnehmern zugute. Auf unsere Initiative werden dringend notwendige Investitionen in den Kommunen angeschoben. Vor allem arbeitsintensive mittelständische Betriebe profitieren. Wir investieren in die Zukunft, in Bildung und Infrastruktur.
Die Ursachen der Krise liegen in den entfesselten Finanzmärkten und den völlig überzogenen Erwartungen an Spitzenrenditen. Auch Finanzmärkte brauchen Regeln. Sie dürfen sich nicht von der Realwirtschaft entkoppeln, sondern müssen ihr dienen.
Die Krise zeigt: Wir brauchen mehr denn je handlungsfähige Staaten, die der Wirtschaft und dem Wirtschaften klare Regeln setzen. Sie müssen auch in der Lage sein, diese Regeln durchzusetzen. Die Ergebnisse des G20-Gipfels in London sind ein ermutigendes Signal. Wir brauchen neue Regeln auf der internationalen Ebene, aber auch auf der europäischen und der nationalen Ebene.
Es muss gelten: Investition vor Spekulation! Kein Markt, kein Produkt, kein Akteur darf in Zukunft unbeaufsichtigt bleiben. Wir setzen uns für andere Anreize für Manager und verbindlichere Regeln für Banken ein, um langfristiges Wirtschaften gegenüber einem kurzfristigen Profitstreben zu stärken.
Klar ist für uns auch: Es müssen auch diejenigen einen Beitrag zur Krisenbewältigung leisten, die bislang vom zügellosen Finanzkapitalismus profitiert haben. Darum fordern wir die Einführung einer Börsenumsatzsteuer.
Die Soziale Marktwirtschaft hat sich gegenüber einem ungezügelten Kapitalismus als das bessere Modell bewährt. Wir wollen sie erhalten und neu beleben. Die Wirtschaft ist für den Menschen da, nicht umgekehrt.
Wir treten denen entgegen, die glauben, die Krise zur Durchsetzung von Lohn- und Sozialdumping missbrauchen zu können. Die Zukunft unseres Landes liegt nicht im Wettlauf um die niedrigsten Löhne und schlechtesten Arbeitsbedingungen. Unsere Chance in der globalisierten Wirtschaft liegt in der Steigerung der Produktivität und der Entwicklung innovativer Produkte. Das geht nur mit gut qualifizierten und gut bezahlten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Die Durchsetzung von höheren und besseren Standards Guter Arbeit ist die Voraussetzung für den wirtschaftlichen Aufschwung und die Wettbewerbsfähigkeit von morgen.
Wir wollen Gute Arbeit für unser Land. Gerade in der Krise.
Mindestlöhne sind ein Gebot sozialer Gerechtigkeit und ökonomischer Vernunft. Wir haben die Voraussetzungen geschaffen, dass weit über drei Millionen Menschen von tariflichen Mindestlöhnen profitieren können. Das ist gut, reicht aber nicht aus. Unser Ziel ist der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn.
Faire Löhne heißt auch: Tariftreue einhalten und Lohndumping verhindern. Am 7. Juni ist Europawahl – Wir setzen uns dafür ein, dass in ganz Europa gilt: Gleiche Lohn- und Arbeitsbedingungen für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Mit diesem Ziel setzen wir uns für eine soziale Fortschrittsklausel im europäischen Recht ein. Tarifautonomie, Koalitionsfreiheit und das Streikrecht der Gewerkschaften sind elementare soziale Grundrechte und müssen europaweit verlässlich gesichert werden. Wir wollen klarstellen, dass die EU-Entsenderichtlinie Mindeststandards der sozialen Sicherung und nicht deren Maximalstandards beschreibt. Für uns steht dabei fest: Die wirtschaftlichen Grundfreiheiten des Binnenmarktes dürfen keinen Vorrang vor sozialen Grundrechten haben. Im Konfliktfall müssen soziale Grundrechte vorgehen. Diesen Grundsatz wollen wir mit einer sozialen Fortschrittsklausel im europäischen Recht verbindlich festschreiben und alle europäischen Institutionen daran binden.
Wir wollen europaweit gesicherte Arbeitnehmerrechte, faire Löhne und guten Arbeits- und Gesundheitsschutz. Mit diesen Zielen unterstützen wir auch die Demonstrationen für ein soziales Europa, zu denen der Europäische Gewerkschaftsbund gemeinsam mit dem DGB und den anderen europäischen EGB-Mitgliedsgewerkschaften vom 14. bis 16. Mai in Madrid, Brüssel, Prag und Berlin aufgerufen hat.
Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit muss endlich für Frauen und Männer durchgesetzt werden. Dazu brauchen wir klare Zielvorgaben, Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss auch für die Leiharbeit gelten. Leiharbeit wird missbraucht für Lohndumping und die Umgehung von Tarifverträgen. Diese Spaltung der Belegschaften muss beendet werden.
Wir wollen die Mitbestimmung ausbauen. Demokratie endet nicht am Betriebseingang. Gerade jetzt zeigt sich wieder, wie hoch der Wert demokratischer Kontrolle von Unternehmensentscheidungen ist. Deshalb wollen wir die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stärken.
Gemeinsam mit den Gewerkschaften demonstrieren wir am 1. Mai für eine soziale und gerechte Wirtschaftsordnung, Gute Arbeit und Mitbestimmung. In Deutschland und weltweit.