Der zweite Sitzungstag startete für mich in der Regionalkammer. Zunächst debattierten wir den Bericht über die Wahlbeobachtung bei den Kantonswahlen in Bosnien und Herzegovina. Die Berichterstatter betonten, die Wahlen verliefen ruhig und geordnet, trotz des langen politischen Stillstands und der immer noch bestehenden Trennung aller Regierungsebenen entlang ethnischer Linien. Die Wahlkampagnen seien eher einfach, öffentliche Debatten fanden nicht statt. In dem Bericht der Wahlbeobachter werden verschiedene Änderungen vorgeschlagen.
Wir diskutierten des weiteren, ob regionale Interessen genügend durch zweite Kammern in den Parlamenten repräsentiert werden. Bereits 2008 wurde die Rolle der zweiten Kammern vom Kongress untersucht und ein Bericht wurde zum Thema erstellt. Unsere Debatte führte diese Diskussionen nun fort.
Auf der vergangenen Kongress-Sitzung beschlossen wir einen Bericht, der aufruft, die Charta der kommunalen Selbstverwaltung „grüner“ zu lesen und sicherzustellen, dass die Gemeinden und Regionen eine angemessene Rolle bei der Umweltpolitik einnehmen. Wir forderten auch eine stärkere Beteiligung der Bürger und stärkere Kooperation zwischen den lokalen und regionalen Akteuren. Diese Forderungen haben weiterhin Bestand, wie die Diskussion zeigte.
Am Nachmittag trat dann das Plenum zusammen. Nach der Rede des isländischen Infrastrukturministers tauschten wir uns über die Zukunft des Europarats und die Rolle des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas aus. Heute repräsentiert der Kongress die 130.000 Gemeinden und Regionen aus 46 Mitgliedstaaten im Europarat. Durch die gewählten Abgeordneten werden die Grundwerte des Europarats auf der lokalen und regionalen Ebene verankert. Um die Aufgaben des Europarats zu erfüllen, sollten der Kongress und die Parlamentarische Versammlung eine größere Rolle spielen und ihre Aufgabe als Multiplikatoren ausüben. Dies sollen die Staats- und Regierungschefs auf dem kommenden Gipfel in Reykjavik anerkennen.
Die Vereinten Nationen haben 2015 die Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung verabschiedet, 2023 ist Halbzeit. Mit der Agenda 2030 will die Weltgemeinschaft weltweit ein menschenwürdiges Leben ermöglichen und dabei die natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft bewahren. Die Hauptverantwortung, die Agenda 2030 umzusetzen, liegt bei den Mitgliedstaaten, der Europarat unterstützt die Mitgliedstaaten jedoch dabei, die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Zwei Drittel der Nachhaltigkeitsziele können nur auf der lokalen oder regionalen Ebene umgesetzt werden. Der Kongress hilft den 130.000 europäischen Gemeinden und Regionen dabei und stellt eine Plattform zur Verfügung, auf der die Städte und Gemeinden ihre Best Practices teilen können, um die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen oder zu nachzuverfolgen. Zur Halbzeitbilanz der Agenda 2030 fordert der Kongress die nationalen Regierungen auf, die Nachhaltigkeitsziele schneller lokal zu verorten und den lokalen und regionalen Behörden mehr Autonomie und Ressourcen zu geben.
Am dritten und letzten Tag verabschiedeten wir den Monitoring-Bericht über die Umsetzung der Charta der kommunalen Selbstverwaltung in Rumänien. Die Berichterstatter kamen zum Schluss, dass Rumänien die Anforderung grundsätzlich erfüllt. Sie begrüßen eine Vielzahl an Veränderungen, zum Beispiel die Reform der Metropolregionen. Dem stehen schwache und fragmentierte Kommunen gegenüber. Auch wurden Kompetenzen übertragen, ohne die finanzielle Ausstattung anzupassen.
Letzter inhaltlicher Punkt auf der Tagesordnung war eine Präsentation zur „Resilienz der Städte und Regionen angesichts einer Vielzahl von Krisen“. In den vergangenen Jahren waren die Städte und Regionen die Hauptakteure in verschiedenen Krisen, zum Beispiel bei der Aufnahme von Flüchtlingen oder der Bewältigung der Corona-Krise. Auch setzen die Städte und Regionen die Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik vor Ort um. Wie das gelingen kann, das diskutierten wir mit Marvin Rees (dem Bürgermeister von Bristol), Dema Elya (Jugenddelegierte der Niederlande) und U?ur ?brahim Altay, Bürgermeister Konyas, der Hauptstadt der gleichnamigen türkischen Provinz Konya.